Vorwort zur Online-Ausgabe

Hallo! Ich habe leichtfertiger Weise zugesagt, eine Online-Ausgabe der unter "Werbung" angepriesenen "Aber Dich..."-Broschüre herzustellen. Nun, hier ist das Ding. Die Bilder sind nicht drinne, bis auf das eine, daß inhaltlich wichtig ist. Der Text ist der von der 1. Auflage.
Wer mir Tipps geben kann, von welcher Seitenbeschreibungssprache ich qualitativ hochwertige Print- und Online-Versionen erzeugen kann, melde sich. Von [Scheiß-Windows-Layout-Programm| zu html ist eine Zumutung!



GUTEN TAG

ZWEIERBEZIEHUNGEN

EINLEITUNG

WIE DIESES PAPIER ENTSTANDEN IST
VORGEHENSWEISE

BEGRIFFSDEFINITION VON ROMANTISCHER ZWEIERBEZIEHUNG (RZB)

DIE GUTEN SEITEN

IMMER FÜR DICH DA
WENN AUS LIEBE NEUES LEBEN ENTSTEHT
DIE SCHMETTERLINGE
WILLST DU? ICH WILL
FÜR JEDES TÖPFCHEN GIBT'S EIN DECKELCHEN
DER ANDERE MENSCH MACHT DEN MENSCH ZUM EINEN MENSCHEN

DIE SCHLECHTEN SEITEN

VERTRAG
DER AUFRISS
AUFREIßEN IST MÄNNERSACHE
DREI SIND EINER ZU VIEL?
TRÖSTEN IST FRAUENSACHE
SICHERHEIT IST KEINE SICHERHEIT IST MONOTONIE
NAMEN UND RAHMEN UND DIE KONSTRUKTION VON GESCHLECHT
VEREINHEITLICHUNG VON BEZIEHUNGEN
SO KANNS AUCH KOMMEN
ADVERTISE YOURSELF! ODER WERTKRITK IST NÖTIG
EIFERSUCHT IST LIEBESBEWEIS IST BESITZANSPRUCH
KAPITALISMUS
Reproduktion
Abhängigkeit
GEFÜHLSMARKEN TROTZ ÜBERFLUSS

WOHER KOMMT DER EINFALL, ANDERE UND DAMIT SICH SELBST ZU BESCHRÄNKEN

LIEBE ALS PARADIGMA
GESCHICHTLICHE HERLEITUNG DER RZB
SCHULE
PROPAGANDA
Popmusik
Fernsehen
Kirche

WIE'S ANDERS SEIN KANN

SOLIDARISCH ZU ALLEN
ODER AUCH SO

WAS BEI DER UMSETZUNG SCHWER IST

DIE GESCHLECHTSSPEZIFISCHE KOMPONENTE DER NETZWERKLEBENSFORMEN
EIGENE DENKMUSTER
FREMDERWARTUNGEN AN MICH
FREMDBEURTEILUNG

SCHLUSSWORT






Guten Tag

Als AutorInnen dieses Textes halten wir es für angemessen, uns kurz vorzustellen. Da die Intention für diesen Text (die Absicht, ihn zu schreiben) aus unserer Unzufriedenheit mit unseren Lebensverhältnissen entstand und diese nicht nur losgelöst von uns selbst entstanden sind, sind die selbigen auch für die Rezeption des Textes von Belang.
Es handelt sich bei "uns" um drei Menschen zwischen 20 und 30 Jahren, von denen eine hartnäckig als Frau und zwei als Männer bezeichnet werden.
Zwei von uns haben ein paar Jahre in seriellen Monogamie-Beziehungen gelebt, einer ist davon gänzlich verschont geblieben bzw. hat keine abgekriegt. Wir alle waren die längste Zeit unseres Lebens heterosexuell.
Wir kommen also, was das Thema dieses Papiers angeht, aus total normalen Verhältnissen.
Seit einiger Zeit versuchen wir das, was wir hier theoretisch beschreiben, auch in unserem Leben umzusetzen und treffen dabei auf viele der Schwierigkeiten, auf die wir weiter unten eingehen.
Trotzdem sind wir uns einig, dass wir kein Bedürfnis verspüren, wieder eine dauerhafte romantische Zweierbeziehung zu leben.


ZWEIERBEZIEHUNGEN


Man machte Lebensmittel haltbar,
erfand Dauerkonserven.
Wenn auch natürlicher Geschmack
und der Gehalt an guten
und wertvollen Stoffen
verloren geht:
DIE WARE HÄLT SICH!

Genau so empfinde ich
viele Zweierbeziehungen:
dauerhaft gemacht,
ohne Rücksicht auf Qualität

Kristiane Allert-Wybranietz



Einleitung

Es war doch schon immer so! - Menschen suchen sich einen anderen Menschen, der ganz genau zu ihnen passt, alles so macht wie sie, der sie total gut versteht, mit dem sie über alles reden können. Sie geben sich das Versprechen, für den Rest ihres Lebens zusammen zu bleiben, sich immer lieb zu haben, und vor allem: treu zu sein, also mit keinem anderen Sex oder etwas in dieser Richtung zu haben. Oft zeugen sie auch Nachkommen, ein Zeugnis ihres Bundes, um die sie sich dann kümmern und die etwas an ihrem eigenen Glück teil haben dürfen. Wie gesagt, so war es schon immer oder so wird es immer sein. Und: Man macht das eben so. Warum also "dagegen" sein?

Dass man das eben so macht, dass es immer so sein wird, damit wollten wir uns nicht zufrieden geben, weil unsere Wirklichkeit anders aussah, als uns erzählt wurde.
Zwei von uns kennen dieses "Es war schon immer so!" aus eigener Erfahrung und was sie erlebt haben, war gar nicht so idyllisch, wie sie gelernt haben, dass es sein soll.
Im Gegenteil war es eher schmerzhaft als erfüllend und ein Leben lang wollten sie das nicht mit machen. So brachte sie der Widerspruch dazu, darüber nachzudenken, warum es denn ganz anders war, als sie gehofft hatten und wie es ihnen immer versprochen wurde, woran es liegen könnte, dass sie in ihren Liebesbeziehungen nicht glücklich waren.

Dabei merkten sie, dass diese romantische Vorstellung von einem "Leben zu zweit" viele Widersprüche in sich birgt, denen sie sich nicht mehr aussetzen wollten und entschlossen sich, keine "Zweier-beziehung" mehr einzugehen. Später trafen sie auf die dritte Person, die noch voller Träume von Romantik und Liebe und Ehefrau und eigene(!) Kinder war, die bis dahin nur als außenstehende Erfahrungen mit Zweierbeziehungen gemacht hatte.
Diese fand es sehr interessant, aber auch etwas merkwürdig, was ihm die zwei da erzählten, von wegen, so ein Lebensentwurf würde zwangsweise unnötige Abstriche mit sich bringen und eher schädlich für Menschen sein, als ihnen etwas bringen.
Ein bißchen wollte sie sie auch wieder "auf den richtigen Weg zurückbringen", die Vorzüge, die eine Romantische Zweierbeziehung hat, herausstellen.
Doch dann begann sie, ihre eigenen Gefühle zu hinterfragen, bewertete das, was sie erlebte, anders und zweifelte bald selbst an dem Konzept "ewige Liebe".

Nach gar nicht langer Zeit merkte sie, dass die anderen beiden recht hatten und entschloss sich, ebenfalls "dagegen" zu sein.
Irgendwann kam eine von uns auf die Idee, die Gedanken zu diesem Thema, die Kritik an dem Bestehenden aufzuschreiben, um anderen zu sagen, "wo wir stehen" und um die Möglichkeit zu geben, sich mit einer etwas ausführlicheren Analyse auseinanderzusetzen, zu kritisieren, etwas zu erwidern und auch - zugegeben - um die anderen Menschen zu überzeugen, dass das Leben ohne Romantik und ewiger Liebe viel angenehmer sein kann und es für uns nicht so schön ist, wenn wir die einzigen sind, die so denken und leben und alle anderen um uns, auf die wir angewiesen sind, es anders machen.

Das Ergebnis liegt nun vor euch. Lang hat's gedauert, aber wir haben es geschafft.

Der Text ist vielleicht etwas schwierig zu lesen, weil unsere Arten zu schreiben recht unterschiedlich sind. Einige werden sich vielleicht auch über die Verwendung der Personalpronomen (sie/er) und Possesivpronomen (ihr/sein) und die Endungen von Personenbezeichnungen wundern. Das liegt daran, dass einige von uns männliche und weibliche Form gleichberechtigt benutzen wollen. Andere sind Anhänger des dekonstruktivistischen Feminismus, wonach die Geschlechter (nicht nur die sozio-kulturellen sondern auch die biologischen) konstruiert sind und es deshalb egal ist, ob eine von mir als "sie" oder als "er" spricht, die männliche oder weibliche Form benutzt 1 .

Wir wissen, dass wir oft von idealtypischen Beziehungen schreiben und dass es auch viele Mischformen von und weniger starre Vorstellungen über romantische Liebesbeziehungen gibt.
Und es geht nicht um einen liberaleren, offeneren Umgang mit HERRschaftsverhältnissen, sondern um Emanzipation, Befreiung von ihnen.

Wir verstehen diesen Text als Diskussionspapier, als Ausdruck unseres aktuellen Diskussionsstandes, das auch viel von unseren Gefühlen, teilweise auch Nachwirkungen von Verletzungen, die wir erlebt haben, enthält.
Oft haben wir darin mehr Fragen als Antworten. Wir denken, dass wir einen für viele Menschen sehr sensiblen Lebensbereich ansprechen, in dem viele ähnlich wie wir schon verletzt wurden und auch verletzt haben. Dabei ist es meist nicht üblich, darüber zu sprechen, weil das ja "privat" ist. Aber gerade über dieses "Private" müssen wir sprechen, weil wenn die Beziehungen von Menschen nicht funktionieren, krank 2 machen, gewalttätig sind (was wir schon oft nicht mehr merken, wir haben uns daran gewöhnt 3 ), dann muß die Gesellschaft ja genauso sein und dann in dieser Weise auch wieder auf die Beziehungen zurück wirken.

Dieses Papier soll helfen, (sich) bestimmte Verhältnisse in uns und in der Gesellschaft zu erklären, sich selbst bewußt zu werden. Es soll dazu anregen, über den eigenen Umgang mit anderen Menschen, darüber, wie wir unser Leben gestalten wollen, welche Ziele wir uns setzen und ob deren Verwirklichung erstrebenswert ist, nachzudenken, vielleicht bessere Modelle zu entwerfen und mit anderen zu diskutieren und hoffentlich auch zu leben.

Viel Spaß und auch Geduld (mit uns) beim Lesen. Wir erwarten nicht, dass ihr uns zustimmt, aber dass ihr eure eigene Situation überdenkt, auf die Dinge achtet, die wir angesprochen haben, Menschen darauf ansprecht, warum sie denn so handeln, wenn ihr das seht, was wir hinterfragt haben.

Wenn ihr wollt, könnt ihr dieses Papier verändern, weiterentwickeln, zitieren, kopieren, weitergeben, ins Internet stellen. Nur zum Gewinn machen weiterverkaufen wäre nicht so toll. (People not profit! - Replace capitalism!)
Wir freuen uns auch über Kritik, die ihr veröffentlicht und/oder uns schickt (siehe Adresse am Ende).
TonSteineScherben singen, es wäre noch ein langer Weg, der vor uns liege, der aber Schritt für Schritt ins Paradies führe. Für uns ist dieses Paradies eine HERRschaftsfreie, gewaltlose Gesellschaft, in der die Interessen jedes Menschen berücksichtigt werden. Wir hoffen, dieses Papier ist einer der Schritte dorthin.

Viel Spaß also beim Lesen, Diskutieren und Lebensverhältnisse ändern!!!

Wie dieses Papier entstanden ist

Um der Verwirrung vorzubeugen, wollen wir darstellen, wie wir dieses Papier geschrieben haben 4 .
Zu Beginn haben wir uns auf eine Gliederung geeinigt und die einzelnen Punkte an Personen verteilt.
Im Laufe der Genese haben wir viele Punkte rausgeschmissen, wieder reingenommen und überarbeitet. Teilweise beschäftigten wir uns auch mit Literatur zum Thema und ließen einiges davon einfließen.
In der Diskussion über das Papier haben sich die Standpunkte rasant geändert und widersprochen und wir waren fast an einem Punkt, an dem wir überhaupt nicht mehr weiter kamen. 5

Dann haben wir uns entschlossen, einfach die bisher entstandenen Seiten aufzuteilen noch mal zu überarbeiten.
Den Widersprüchen in unserer Analyse versuchen wir dadurch gerecht zu werden, dass alle drei am Ende noch in Fußnoten abweichende Positionen zum besten geben.

Deshalb ist dieses Papier eine Collage dreier AutorInnen mit verschiedenen Ansichten, Schreibstilen und Hintergründen.
Wir hoffen, dass es trotzdem lesbar ist.

Vorgehensweise

Wir stellen kurz den Fahrplan für dieses Papier vor.

Begonnen haben wir in unserem Text mit dem Versuch einer Definition oder Beschreibung dessen, was im Mittelpunkt unserer Kritik steht, die Romantische Zweierbeziehung.
Danach folgt eine Aufzählung dessen, was gesellschaftlich als positiv an einer "festen" Beziehung gewertet wird.
Im nächsten Teil führen wir an, warum wir "feste Beziehungen" ablehnen, was wir negativ daran finden und üben teilweise auch Kritik an dem, was als positiv gewertet wird.

Was wir hierbei zeigen möchten, ist, dass die RZB ein Herrschafts-verhältnis ist, auf jeden Fall zu persönlichen Abstrichen bei den in ihr Gefangenen führt, negative Auswirkungen auf die Menschen drumherum hat und zudem funktional (nützlich) für den Fortbestand der derzeitigen bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft ist.

Ebenfalls versuchen wir, zu erklären, wie RZBs in der Geschichte entstanden sind und wie Menschen auf die Idee kommen, RZBs eingehen zu müssen.

Im letzten Abschnitt versuchen wir dann, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie wir anders zusammenleben könnten. Hierbei sind wir aber nicht zu einem Konsens gekommen, so dass mehrere Entwürfe nebeneinander stehen.

... also los geht's!!!!

Begriffsdefinition von Romantischer Zweierbeziehung (RZB)

Damit Ihr wisst, wovon wir reden, erläutern wir hier den zentralen Begriff unseres Papieres

Wir sprechen in diesem Text häufig von der romantischen Zweierbeziehung (RZB). Idealtypisch meinen wir damit diejenige Beziehung zwischen zwei Menschen, in der durch Absprache(n) ("Wir sind jetzt zusammen!") geregelt ist, dass die beiden eine für sich einzigartige soziale Beziehung und emotionale Bindung (Liebe) haben, und mit der eine mehr oder weniger verbindliche Ausschließlichkeitserklärung ("Treue") auf sexueller/körperlicher Ebene automatisch (ohne weitere Absprache) eintritt oder vereinbart wird.

Wir fassen unter die RZB zahlreiche Konzepte des Zusammenlebens: die Ehe, die offene Beziehung, das Liebespaar, etc.
Die Abgrenzung zur Beziehung - ein Band, das zwischen vielen Menschen existiert - ziehen wir bei der Liebe, der romantischen Liebe, die nur zwischen zwei Menschen bestehen kann und bei der Absprache, der die Einschränkungen auf sexueller/körperlicher Ebene regelt.


Die guten Seiten

Da so viele Menschen im hier und jetzt auf die RZB schwören, scheint diese auch ihre guten Seiten zu haben. Im folgenden Abschnitt stellen wir diese dar, wobei die Ambivalenz dieser Lebensform hoffentlich schon deutlich wird. 6


Immer für Dich da

So lautet eines der geflügelten Worte, die die RZB charakterisieren. In der Tat kann es auch was Gutes haben, wenn mensch sich auf eine Person verlassen kann.

Wundervoll an einer 2er Beziehung ist, dass ich einen Menschen habe, der immer für mich da ist.
Wenn ich etwas unternehmen möchte, ins Kino gehen, spazieren, fernsehen etc., dann muß ich das nie alleine machen, sondern habe immer eine Person um mich herum.
Auf diese Person kann ich mich immer verlassen. Wenn es mir einmal schlecht geht, ich Probleme habe, krank bin oder einfach eine brauche, ist sie da. Ich kann mit ihr reden, werde getröstet, gestreichelt oder einfach in den Arm genommen. Auch muß ich nicht allein einschlafen, ich habe eine, die mich wärmt und mit der ich erzähle, wenn ich nicht einschlafen kann.
Natürlich ist es auch für mich eine Erfüllung, für eine andere Person da sein zu können, wenn sie mich braucht, zum reden, Zärtlichkeiten austauschen usw. Wir können einander absolut vertrauen, über alles reden, was uns beschäftigt, haben keine Geheimnisse voreinander.
Wir verbringen viele romantische Stunden miteinander. Wir bekochen uns gegenseitig und essen dann bei Kerzenschein, hören Musik, die wir beide mögen, machen für die andere Frühstück oder baden zusammen. Manchmal kommt es vor, dass sie für mich oder ich für sie keine Zeit habe/hat, wir etwas mit anderen Menschen tun, Zeit mit anderen Menschen verbringen.
Natürlich ist sie bzw. ich dann sauer, fühlen uns allein gelassen, sind eifersüchtig. Und das zeigt, wie gern wir uns haben, wie wichtig wir füreinander sind.


Wenn aus Liebe neues Leben entsteht

In der RZB kann mensch gut Kinder aufziehen

Kinder brauchen feste Bezugs-personen, denen sie vertrauen, weil sie die vielen ungewohnten Eindrücke der Umgebung allein nicht verarbeiten können.
Wenn sie in einer festen Beziehung aufwachsen, wird ihnen durch diesen Rahmen Halt gegeben. Dabei lernen sie ihre geschlechtsspezifische Rolle, wie sie sich zu verhalten haben, als Junge oder als Mädchen.
Sie bekommen bei heterosexuellen Zweierbeziehungen verschiedene Vorbilder, an denen sie sich orientieren können (ein Junge kann sich am Vater orientieren, ein Mädchen an der Mutter).

Eine Person hat dabei die Aufgabe, emotionalen Halt zu geben, für Probleme da zu sein, und auf die Sicherheit des Kindes und dessen Wohl bedacht zu sein.

Die andere Person hat dagegen eher die Aufgabe zu animieren; Spielpartner oder Spielpartnerin zu sein, Späße mitzumachen, Übertreibungen herauszufordern; zu körperlicher Betätigung anzuregen und das Kind zu motivieren, Ängste zu überwinden,...
All dies für ein Kind zu leisten, ist für eine einzelne Person schlecht möglich.


Die Schmetterlinge

Hartnäckig behaupten die Leute immer wieder, farbenfrohe Insekten im Bauch zu haben, auch wenn Amphibien oder Fische sich in diesem Umfeld weitaus besser bewegen könnten. Ein paar Betrachtungen über das Verliebt-sein. Wirklich einig sind wir uns nicht darüber, was davon zu halten ist.

Verliebtsein wird als sehr positives Gefühl bezeichnet (Kribbeln im Bauch, ...), dass ja jede/r schon einmal hatte und dass den Wunsch nach sich ziehe, mit dieser Person eine sehr innige soziale und sexuelle Beziehung zu haben, d.h. glücklich sein bei Treffen, Kribbeln, Wunsch nach Zuwendung & Angst vor Zurückweisung.
Kommt es mal dazu, dass zwei Menschen gegenseitig ineinander verliebt sind, gibt das der Welt einen besonderen "Kick".

"Dieses Kribbeln im Bauch, das man niemals vergisst, als ob da im Magen der Teufel los ist, ... als ob man zuviel Brausestäbchen isst ... einfach so überzuschäumen vor Glück" - Lässt es sich besser beschreiben? Dieses Gefühl, wenn ich einen tollen Menschen kennen gelernt habe und plötzlich "hin und weg" bin, weil der so lieb ist, so klug, wunderschön, mich zum Lachen bringt, so toll reden kann, eine wunderschöne Stimme hat, weshalb ich ihm ganz nahe sein, eine innige Beziehung mit ihm haben möchte.
Wenn ich "Schmetterlinge im Bauch" habe, auch wenn ich gerade nicht in der Nähe dieses Menschen bin. Wenn ich total aufgeregt bin, wenn ich ihn sehe, mich nicht traue, ihn anzusprechen, aus Angst er könnte mich doof finden. Die großen Gefühlsschwankungen zwischen "himmelhochjauchzend", wenn er mir ein Lächeln, seine Aufmerksamkeit schenkt, und "zu Tode betrübt", wenn ich Luft für ihn bin, er mich nicht zu beachten scheint.
Das ist "Verliebtsein", wie es die meisten von uns kennen und mögen. Na, gut. Ich habe ein bisschen übertrieben.
Aber so oder ähnlich müsste sich "Verliebt-sein" anfühlen, habe ich mal gedacht, und so oder ähnlich beschreiben es mir auch Menschen, mit denen ich über dieses Thema spreche.



Willst Du? Ich will

Mit dem Eintritt in die RZB gehen die Menschen Verpflichtungen ein. Wir versuchen, die Ausprägungen und Folgen dessen zu beschreiben. Auch hierin haben wir gute Seiten verorten können.
Mensch geht zu Beginn einer RZB eine Art Vertrag ein, der - meist un-ausgesprochen - besagt, dass mensch sich liebt und niemand anders (jedenfalls nicht auf diese [körperliche] Art), dass die andere Person die wichtigste Person im eigenen Leben ist.

Um eine andere in ähnlicher Weise zu lieben, muss erst ein neues Ritual vollzogen werden.
Meist ist dies sogar nur mit dem vollständigen Abbruch der vorherigen Beziehung möglich, denn der "stumme" Vertrag, auf den sich jegliches Vertrauen stützte, wurde ja gebrochen.
Da aber in der Realität in fast jeder RZB einmal ein solcher "Fehltritt" bekannt wird (von den unbekannten ganz zu Schweigen), reicht eine überzeugende Entschuldigung / Erklärung und die Beteuerung, dass so etwas nie wieder vorkommen werde, manchmal aus, um den Vertragsbruch zu überdecken.

Der Vertrag gibt den Betroffenen das Gefühl von Sicherheit. Die Sicherheit, jemensch "gehört zu mir", "Wir gehören zusammen",... . Die Bedürfnisse nach sozialen Kontakten und Gemeinschaft, Vertrautheit, Geborgenheit, Zärtlichkeit und sexueller Befriedigung sind - je nach persönlicher Auslegung - teilweise oder komplett in diesem Vertrag enthalten und deren Erfüllung kann automatisch von der RZB erwartet werden. Um diese Bedürfnisse muss ich mich also nach Abschluss dieses Vertrages nicht mehr anderweitig kümmern.
Ideeller Weise sind diese Verträge auf ein ganzes Leben angelegt (was dann mit der Eheschließung nur seinen staatlichen bzw. göttlichen Stempel bekommt) aber auch dies wird heute meist erst mal durch die "LebensabschnittspartnerInnenschaft" ersetzt, da die Kluft zwischen Ideal und Realität wohl sonst zu groß wäre.



Für jedes Töpfchen gibt's ein Deckelchen

Irgendwo da draußen muß der oder die eine, der oder die für mich gemacht ist, rumspringen.

Insgesamt betrachtet, versorgt die RZB meine sämtlichen Bedürfnisse, dieser Mensch, den ich immer suche, bis ich ihn wieder mal gefunden habe, passt zu mir wie die Faust aufs Auge - wissenschaftlich ausgedrückt, es besteht der Anspruch, dass zwei Menschen eine absolut komplementäre Bedürfnisstruktur haben.



Der andere Mensch macht den Mensch zum einen Menschen

Eine RZB zu haben, ist gesellschaftlich schon fast vorgeschrieben. Das kann für diejenigen, die keine haben, ganz schön anstrengend sein.
Die RZB wird in der Pubertät von den meisten Jugendlichen als einzige Chance angesehen, gesellschaftlich akzeptiert, sexuelle Erfahrungen zu machen. Wer noch keine Beziehung (Freund oder Freundin) hatte, fühlt sich deshalb oft noch unfertig, hinterher, unreif oder minderwertig und bekommt dies direkt oder indirekt auch von der Außenwelt zu spüren.
("Na, hast Du denn schon einen Freund?", "Wieviele Freundinnen hattest Du schon?).
Wer einen oder mehrere Freunde / Freundinnen hatte oder hat, wird beneidet, macht neue Erfahrungen mit dem eigenen Körper und dem Körper anderer Menschen und erfährt Liebe, Geborgenheit und Vertrautheit unabhängig von der Familie bzw. den erziehenden Bezugspersonen.

Für viele Menschen gilt die RZB als einzige Lebensform (Beziehung, zusammen wohnen, (Heirat), Kinder). Sie sehen als Alternativen nur den alternden Junggesellen und die alte Jungfer.

Alle anderen Zusammen - Lebensformen (Kommune, FreundInnenschaften, Wohngemeinschaft, Interessengemeinschaft, ...) sind entweder nicht bekannt, bzw. ohne Inhalt oder aber sie sind mit negativen Inhalten / Eigenschaften besetzt (unzureichend, unsicher, unverbindlich, ausschließlich rational gesteuert, unnormal, schlampig). (das könnte teilweise auch bei den schlechten Seiten stehen)

Die schlechten Seiten

Für alle, denen jetzt noch nicht übel ist, schildern wir im Folgenden die schlechten Seiten von RZBs.



Vertrag

Mit Eintritt in eine RZB wird automatisch ein gesellschaftlicher Rahmen akzeptiert, der Treue, Sexualität, Geborgenheit, Zärtlichkeit und eine große Vertrautheit ausschließlich mit dieser einen Person beinhaltet.

Dieser Rahmen ist nicht selbst gewählt, sondern von außen vorgegeben und kann höchstens nachträglich modifiziert werden (zum Beispiel zu einer "Offenen Beziehung" mit Rechenschaftspflicht bei anderen körperlichen Kontakten ...).
Der Rahmen ist also ideeller Weise meist nicht abgesprochen oder an den momentanen Bedürfnissen der jeweiligen Personen orientiert, sondern ein vorgegebenes Paket, welches ich entweder ganz oder gar nicht annehmen muss.
Ich muss mich an vorgegebene Regeln halten und eigene Bedürfnisse (z.B. gegenüber anderen Personen) ausblenden oder verheimlichen, um so wichtige Bedürfnisse wie Zärtlichkeit und Vertrautheit wenigstens mit einer Person befriedigen zu können. Würde ich eine vorgegebene (nicht selbst gewählte!!!) Regel verletzen, müsste ich automatisch damit rechnen, das ganze oben genannte Paket von Bedürfnisbefriedigungen zu verlieren. 7



Der Aufriss

Bevor wir sagen können, dass wir mit einander gehen, müssen wir erst mal abklären, dass wir das wollen. Kaufverträge sind einfacher abzuschließen.

Die Anbahnung einer Zweierbeziehung verläuft oft generalstabsmäßig geplant.
Zunächst ist ein großer gesellschaftlicher Druck vorhanden, da es zum Menschendasein gehört, eine feste Beziehung zu haben. Es führt unbewusst zu einem großen Unglücklichsein (Leidensdruck), wenn die Menschen um einen herum fast alle feste Beziehungen haben, ich selbst aber nicht.
Um nun aber auch zu einem Partner zu kommen, und so zu einem stärkeren Selbstbewusstsein, das mir das Statussymbol "feste Beziehung" verschafft, beginnt das große Planen.

Zufällig "verliebe" ich mich in eine Person, die meinem Ideal zu entsprechen scheint, und konzentriere mich nur noch auf sie.
Ich denke nur noch an ihn, rede nur noch von ihm und wenn er in der Nähe ist, sind alle anderen Menschen nur noch Luft.
Damit er eine RZB mit mir eingeht, muss er sich natürlich auch in mich verlieben. Ich frage Freunde, was sie über sie wissen, versuche, so viel wie möglich über sie herauszubekommen, was sie gern mag, nicht leiden kann, was sie gern macht usw.
Dann versuche ich, ihr irgendwie klarzumachen, dass ich genau der Mensch bin, der zu ihr passt und nach dem sie schon so lange gesucht hat (was wir ja angeblich alle tun).

Ich strenge mich total an, um sie auf mich aufmerksam zu machen, versuche, in einem guten Licht zu erscheinen, mache Dinge, die ich sonst nie tun würde oder die ich sonst vielleicht sogar doof finde.
Jede Aktion und Reaktion wird vorher auf ihre Wirkung untersucht, damit ja nicht eine Abwendung des potentiellen Partners / der potentiellen Partnerin folgt.
Kennt sie mich ein wenig, kommt die nächste Stufe - die Verabredungen, bei denen die vorher beschriebene Taktik natürlich weiter angewandt wird. Ich lade ihn zum Essen ein, ins Kino, in die Disco etc. und überlege währenddessen, wie ich ihm noch näher kommen könnte, wann denn der große Augenblick der Frage aller Fragen gekommen ist.
Ich freue mich nicht über die Zeit, die wir miteinander verbringen, sondern versuche ständig, diesem einen Ziel nahe zu kommen: der RZB. Erst dann ist alles in Ordnung.

Während dieser ganzen Planerei, den taktischen Überlegungen, den Tricks und Finten werden die zwei wichtigsten Aspekte dieses Schauspiels vergessen: die zwei Menschen hinter den Masken.
Es geht in erster Linie nicht darum, die andere kennenzulernen, zu entdecken, was ihr wichtig ist, welche Stärken und vor allem welche Schwächen sie hat, auch das, was einer nicht gefallen könnte.
Es geht darum, auf sich aufmerksam zu machen, sich darzustellen, Boden gutzumachen, um irgendwann die Bastionen des anderen zu erstürmen und die Fahne in Besitz zu nehmen.

Der andere Mensch bleibt dabei nicht Subjekt, nicht Zweck, sondern Objekt, Mittel, mit dem ich die RZB erreiche.
Dabei vergesse ich auch mich selbst, denn ich muss mich total anstrengen, das zu verbergen, was ich an mir nicht mag, versuche, attraktiv zu sein, würdig für die RZB mit der anderen. Ich muss versuchen, mich so gut wie möglich zu verkaufen, das hoch-WERT-ige Angebot, mich, ins rechte Licht im Schaufenster rücken (mit Düften, die verführen, Markenkleidung, großem Wissen und Fachkenntnissen).
Auch ich selbst werde dabei zur Ware.
Nicht das, was ich wirklich bin, mit allen Unzulänglichkeiten, die ich nun mal habe und mich ebenso ausmachen, ist es, was interessiert, sondern das Modell, das ich von mir gemacht, die Fassade, die ich entworfen habe.

Diese ganze Prozedur ist nicht nur entwürdigend für die Personen, die sie durchlaufen müssen, nein, durch das riesiges Regelwerk zur Anbahnung von RZBs sind auch diejenigen, die eigentlich gar nichts damit zu tun haben wollen, eingebunden.

Festgeschrieben in der BRAVO und anderen Publikationen der Bewusstseinsindustrie wird gesellschaftlich klar definiert, welche Handlung zu welchem Zeitpunkt welche Bedeutung hat und angemessen ist.
Z.B. ist es kaum möglich, einer Person anderen Geschlechtes in der Disco ein Getränk auszugeben ohne dabei mitzudenken, dass diese Handlung im gesellschaftlichen Rahmen Teil der Anbahnungsmassnahmen für RZBs ist.
Deshalb ist es auch ungemein schwierig, die Bereiche der menschlichen Interaktion (wechselseitiges Handeln), die normalerweise an eine RZB gebunden sind, einfach so zu praktizieren.
Im bürgerlich-patriarchalen Rahmen ist nun mal klar, dass z.B. zwei Menschen, die nach einem netten Abend unter der selben Bettdecke landen, Sexualität (am "Besten" Penetrationssex) praktizieren müssen - eine echte Falle, für diejenigen, die nach diesem schönen Abend "nur" ein bisschen kuscheln, erzählen oder sogar einschlafen wollen.







Aufreißen ist Männersache

Klar, dass es im Patriarchat immer geschlechtsspezifische Diskriminierung geben wird. Kaum ein Bereich ist dabei so geschlechterdifferenzierend verfasst wie die Anbahnung der RZB.

Eine Frau ist im Laufe ihrer Beziehungs - Sozialisation oft so sehr mit Reaktionen auf Anmache beschäftigt, dass sie gar keine Zeit hat, eigene Ideen und Vorlieben zu entwickeln, geschweige denn anzubringen.
Besonders bei körperlicher Anmache ist dies besonders stark ausgeprägt. Eine Frau lebt mit der angelernten Gewissheit, dass sie nur zu warten braucht, dass der andere Mensch auf sie zukommt, wenn er was von ihr will / sie interessant findet.
Sie wartet also, dass sie angesprochen wird, zum Tanzen aufgefordert wird, auf etwas zum Trinken eingeladen wird, angerufen wird, o.ä.. Wenn dies dann geschieht, wird sie "natürlich" ja sagen, wenn sie auch am anderen interessiert ist, denn sonst ist die "Chance" vielleicht vorbei.
Wer weiß, ob er sich noch einmal bemühen wird? Ob sie gerade wirklich Tanzen oder etwas Trinken will, ist dabei wirklich nicht so wichtig, wichtig ist, dass sie ja sagt, um zu bekunden, dass sie sein Interesse teilt.

Ähnlich verhält es sich leider auch meist mit der körperllichen Seite der Anmache. Nur selten wird eine Frau, die einen Mann mag, ihm den ersten Kuss, die erste Umarmung, etc. verweigern, weil ihr gerade nicht danach ist. Schlimmer noch, sie wird sich diese Frage wohl gar nicht stellen, denn hier geht es nicht um das, was die Frau gerade toll und schön findet, sondern darum, ob sie sich auf die Anmache des Typen einlässt und ihm somit ihre Zuneigung bekundet. Das ist ein Handlungsmuster, das sich durch eine ganze Beziehung ziehen kann und gerade in körperlicher Hinsicht auch häufig tut.

Da Männer / Jungen in ihrer Sozialisation oft überhaupt nicht lernen, wie sie mit Anmache umgehen sollen / können, sind sie total verunsichert, wenn ihnen so etwas "widerfährt".
Bei einer Anmache durch Männer können sie wenigstens zuschlagen, um ihrer Homophobie Ausdruck zu verleihen, aber bei Frauen?
Nach meiner Erfahrung entwickeln sie Abwehrmechanismen, da sie mit solchen Situationen nichts anfangen können, selbst wenn sie die Frau mögen. Sie ziehen sich zurück, sie machen die Frau lächerlich, sie zeigen eine offene und überhebliche Ablehnung o.ä..
Jungs / Männer haben oft Angst vor aktiven Mädchen / Frauen, da sie ihre aktive, bestimmende Rolle in Gefahr sehen und / oder einfach keine Handlungsmöglichkeiten für solch eine Situation gelernt haben.
Sie ziehen sich zurück oder nehmen die Frau nicht ernst, wenn sie Gefühle und Bedürfnisse von sich aus entwickelt / äußert und ausleben will ("Hast wohl zuviel getrunken?"; lachen; "Was is´n hier los !?", wegrennen; ...). Oder aber sie versuchen so schnell wie möglich das "Ruder" (wieder) in die Hand zu bekommen.
Für Männer, die selbst keine Lust haben, dem Bild vom aktiven Mann bei der PartnerInnenschaftsanbahnung zu entsprechen (oder die dieses Spiel einfach nicht können) ist die Wahrscheinlichkeit, einE PartnerIn abzubekommen, sehr gering. Zusammen mit dem gesellschaftlichen Druck, eine RZB haben zu müssen, finden sich solche Jungs dann in der Rolle des Weicheis oder Schlappschwanz wieder. 8

Drei sind eineR zu viel?

Außerdem schränken sich die sozialen Kontakte auf einmal ungemein auf die traute Zweisamkeit ein.

Die Liebe und Sexualität, die nur zwischen den beiden Personen innerhalb des Vertrages stattfinden darf, setzt voraus, dass diese beiden Menschen viel Zeit ohne andere Menschen verbringen.
Einmal um sich zu beweisen, dass sie niemand anderen brauchen, sie also für sich die wichtigsten Menschen sind, die all ihre Bedürfnisse nur durch ihre Beziehung zueinander befriedigen können und andererseits braucht es natürlich viel Zeit, sich die Liebe zu zeigen und die Sexualität auszuüben, die ihren "stummen Vertrag" aufrecht erhalten.
Oftmals wird dabei an der miteinander verbrachten Zeit abgemessen, wie wichtig mensch einander ist.
So kann unter Umständen bei einem zu großen Zeitaufwand für andere Beziehungen sogar die RZB in Frage gestellt werden, da die einzigartige soziale Bindung, die höhergestellt ist, als die anderen (die Liebe), nicht genügend gewürdigt wird.
Diese Zeit, die so intensiv für diese eine Beziehung verwendet wird, kann mensch dann natürlich nicht mehr für andere Beziehungen, wie Freundschaften, Bekanntschaften, etc. aufbringen.

Die Menschen in RZBs befinden sich deshalb oft in Gewissenskonflikten und es kommt ihnen so vor, als hätten sie nicht genügend Zeit. Sie müssen einen (den?) Großteil ihrer Zeit mit ihrer RZB verbringen, aber auch FreundInnen, Familie sind ihnen wichtig, ganz zu schweigen von der Zeit, die die meisten Menschen auch mal ganz einfach nur für sich selbst brauchen oder in neue Bekanntschaften investieren möchten.
Mit der Zeit müssen sie allerdings Prioritäten setzen und einige der oben genannten Dinge aufgeben, wenn sie die RZB nicht gefährden wollen.
Oft passiert das allerdings ganz automatisch.
Da in der Anfangszeit einer RZB, wo der Vertrag noch gefestigt werden muß, mensch sich kennenlernt und alles noch als ganz neu und aufregend empfunden wird, die meisten RZBs sowieso die meiste Zeit miteinander verbringen (siehe Verliebtheit), wird eine Reduzierung der Zeit, die mensch miteinander verbringt, oft als Reduzierung der Zuneigung, als Beweis für das Ende der Verliebtheit oder die aufkommende Normalität genommen (s.o.).
Um diesen Verdacht nicht aufkommen zu lassen, versuchen die meisten Menschen trotzdem noch genauso viel Zeit miteinander zu verbringen, auch wenn sie sich dann nur annerven, streiten oder langweilen und dabei Freundschaften & sich selbst vernachlässigen, Kontakte abbrechen, usw..

Dies führt oft ganz automatisch zu einer Art Abschottung der beiden Personen der RZB von ihrer Außenwelt, die natürlich - je nach RZB - mal mehr und mal weniger stark ausgeprägt ist.

Dies kann für die Menschen in einer RZB sehr negative Folgen haben. Sie haben wenige Bezugspunkte, wenige oder keine Menschen, zu denen sie hingehen können, wenn es in der RZB schlecht geht oder sie sie verlassen wollen bzw. wenn sie Probleme oder Bedürfnisse haben, die nicht innerhalb der RZB befriedigt oder gelöst werden können. Dies kann zu einer großen Unzufriedenheit führen, aus der mensch keinen Ausweg sieht, wenn mensch die RZB nicht gefährden will oder - z.B. aus finanziellen oder anderen Gründen - nicht zu können glaubt.

Trösten ist Frauensache

Auch in der RZB selbst sind die Bereiche, um die sich gekümmert werden muss, natürlich geschlechtsspezifisch verteilt.

Immer noch ist es Frauensache, sich um die emotionalen Belange zu kümmern, euphemistisch ausgedrückt, Beziehungsarbeit zu leisten.
Die Organisation einer gelungenen Freizeitgestaltung, das kühle Abwägen bei gemeinsam zu treffenden Sachentscheidungen und nicht zuletzt das Rankarren von Kohle und das Hochtragen von Wasserkästen ist immer noch Männersache.



Sicherheit ist keine Sicherheit ist Monotonie

Die Sicherheit in der RZB hat Schattenseiten. Insbesondere, wenn sie verloren geht.

Die Gefühle werden in eine Struktur / Hierarchie gesteckt, die eine gewisse Sicherheit verspricht (guter Freund, beste Freundin, MEIN Freund, ...)
Die Sicherheit wird durch Rituale und feste Strukturen innerhalb der Beziehung (2mal in der Woche Sex, sich einmal im Monat an die "Anfänge" erinnern, jeden Tag sehen, etc.) zu erreichen versucht - dies hat dann weniger etwas mit der Lust auf diese Dinge zu tun oder mit den Gefühlen füreinander, sondern eher mit der Einhaltung von Regeln - dafür erhält mensch dann Sicherheit.

Durch die gemeinsame Identität "Wir sind jetzt ein Paar", durch die vertragliche Bindung an diesen einen Menschen, soll die Befriedigung solcher Bedürfnisse wie Nähe zu anderen, Zärtlichkeit, Sexualität, Gedankenaustausch, Vertrauen, Geborgenheit gesichert werden. Es soll eine Person bestimmte Dinge ausschließlich für mich tun, nur für mich verfügbar sein.
Doch ist dieses Sicherheit?
Durch das verregelte Beziehungsleben geht schnell die Spannung verloren, Alltag schleicht sich ein. Es entstehen Ansprüche, die auf dem Regelwerk des Vertrages beruhen, welches ja gesellschaftlich teilweise vorgegeben ist, und die nicht aus den Gefühlen entstehen, die die beiden Menschen füreinander haben. Das, was erst so außergewöhnlich war, wird (bzw. kann werden) oftmals zu einem Frustmoment.
Wenn ich zum Beispiel etwas anderes vorhabe, aber glaube, die Regeln einhalten zu müssen und so Dinge tue, die ich gar nicht tun möchte. So beanspruchen sich die zwei Menschen in der Beziehung gegenseitig für Sachen, die sie vielleicht sonst gar nicht machen würden. Wenn ich im Extremfall Forderungen stelle, die ich mit der RZB begründe ("Aber du bist doch mein Freund, ...!"), dann kann es passieren, dass die andere Person irgendwann so genervt ist und die Widersprüche zwischen dem, was sie will, und dem, wozu sie sich verpflichtet fühlt, nicht mehr aushält.)

Was ist das für eine Sicherheit, wenn der andere meine Bedürfnisse nur befriedigt, weil wir eben so einen Vertrag haben?
Wo ist meine "Liebe" geblieben, die ich eigentlich empfinde?
Verlange ich von der anderen nicht zu viel, was ja auch meiner "Liebe" 9 zu ihr widerspricht?

Die Ansprüche gehen sogar so weit, dass die RZB noch aufrechterhalten wird, wenn beiden klar ist, dass die Gefühle verflogen sind. Also das, was eigentlich gesichert werden soll, schon lange nicht mehr da ist. Der Anspruch oder Versuch, Sicherheit zu bekommen, zerstört das, worüber Sicherheit erlangt werden soll.

Oben haben wir ja schon die als positiv geltenden Seiten einer RZB beschrieben, u.a. dass mensch eine hat, mit der mensch über alles reden kann, die eine in den Arm nimmt, zu der mensch Vertrauen haben kann. Nur haben die Menschen in einer RZB auch manchmal etwas anderes zu tun, als nur für die andere da zu sein. Sie müssen arbeiten gehen, in die Schule, zum Studium, zu Plena, müssen Hausaufgaben machen, die Eltern besuchen ... Was ist, wenn ich in diesen Momenten, die recht lang sein können (z.B. lohnarbeiten oder in die Schule gehen), das Bedürfnis habe, über Dinge zu reden, die mir sehr wichtig sind, die mich gerade sehr belasten, mir weh tun? Was ist, wenn ich dann mal einen umarmen möchte, in den Arm genommen, gestreichelt werden will?
Durch die Fixierung der Bedürfnisbefriedigung nur auf eine Person komme ich gar nicht mehr auf die Idee, auch andere Menschen bezüglich dieser Bedürfnisbefriedigung anzusprechen, obwohl ich vielleicht tatsächlich sehr darunter leide.
Und so geht es nicht nur mir, sondern auch den anderen Menschen in anderen RZBs, ja sogar denen, die keine haben.
Denn es ist ja klar, dass für Liebe, Zärtlichkeit, Fürsorge die andere Person in der RZB zuständig ist - und das ausschließlich!

Ich mache mir wenig Gedanken darüber, ob mich eine andere Person vielleicht braucht, weil
a) sie eine RZB hat, die dafür zuständig ist,
b) ich eine RZB habe, darauf achten muss, nichts zu tun, was als "Untreue" aufgefasst werden könnte, die ja die RZB gefährdet, auch wenn die andere Person aus der RZB gar nicht da ist,
c) wir beide keine RZB haben, es aber ungeschriebenes Gesetz ist, dass Menschen nur innerhalb einer solchen erwähnte Dinge bekommen können/weitergeben dürfen und wenn mensch diese einander gegeben hat, eine RZB eingehen muss.

Dass der hauptsächliche Bezug nur auf eine Person, das Abhängigsein von nur einem Menschen, gefährlich ist, zeigt sich, wenn die RZB auseinander bricht.
Da kommt es vor, dass die Menschen, die sich eine Zeitlang total mochten, plötzlich überhaupt nichts mehr zusammen machen können, sich nichts mehr zu sagen haben. Die Enttäuschung ist groß - es war wieder nicht "die Richtige", mit der ich den Rest meines Lebens verbringen kann. Es taucht die Frage danach auf, was ich denn "falsch" gemacht haben könnte. Diese vermischt sich mit einem Schutzgefühl, einer Abwehrreaktion: Ich war eh viel zu gut für sie. Die soll doch sehen, wo sie ohne mich bleibt.
Aber es taucht auch noch eine kleine Hoffnung auf: Vielleicht klappt´s ja später noch mal?
Diese verschiedenen widersprüchlichen Gefühle können einer nach der "Trennung" durch den Kopf gehen.

Wenn mensch bedenkt, wie sehr es gesellschaftlich erwartet wird, dass mensch eine glückliche romantische Zweierbeziehung führt, ist es auch verständlich, wenn sich die "Getrennten" als Versagerinnen fühlen, die es eben nicht geschafft haben, mit denen irgendetwas nicht stimmt, dies besonders im höheren Alter.
Diese Belastung kann zu den Gefühlsverwirrungen noch dazu kommen.
Wobei ich hier erwähnen möchte, dass dieser Anspruch, eine perfekte RZB zu haben ("Haste was, dann biste was!"), dieser Leistungsdruck, das Verhältnis zwischen den beiden Menschen schon belasten kann, wenn diese noch treulich "zusammen" sind.

Mit dem Ende der Beziehung bricht ein großer Teil der sozialen Kontakte weg, weil die andere Person einen großen Raum eingenommen hatte.
Die Beziehungen zu mehreren anderen Menschen sind nicht so gefestigt und intensiv, dass der "Verlust" (by the way - mensch kann nur verlieren, was mensch besessen hat) von anderen wichtigen Bezugspersonen aufgefangen werden könnte.
Das kann dazu führen, dass die Menschen hinterher erst mal in ein "Loch" fallen, sich total einsam, ungerecht behandelt, verloren fühlen, weil der Beziehungsrahmen, das selbstverständliche Verfügen über einen anderen Menschen, nicht mehr gegeben ist. Hier zeigt sich ebenfalls, dass diese Sicherheit keine Sicherheit ist, sondern ein Trugbild.

Sicherheit kann es nur in Freiheit und Freiwilligkeit geben. Dort wo Menschen ihren Bedürfnissen entsprechend HERRschaftsfrei geben und nehmen dürfen.

Namen und Rahmen und die Konstruktion von Geschlecht

Auch durch die RZB wird die Geschlechterkonstruktion reproduziert. An anderen Stellen wurde dieser Punkt bereits erwähnt, ich möchte an dieser Stelle trotzdem gesondert etwas dazu schreiben.

RZBs werden durch eine Art Vertrag begründet. Ein Mensch fragt einen anderen, ob er mit ihm "gehen" wolle. Wenn der Vertrag besteht, wird die andere Person als "mein Freund" oder "meine Freundin" bezeichnet.
Dieser Name wird auch oft in Gesprächen statt des Rufnamens benutzt.
Wenn eine "mein Freund" sagt, dann ist dieser Name für andere ein Signal: die zwei gehören einander, sie ist sein Besitz und er ihrer, bestimmte Dinge sind zwischen uns nicht möglich (s.o.), die zwei machen bestimmte Dinge miteinander (s.o.).
Dieses "Wissen" wird allein durch den Namen "mein Freund" / "meine Freundin" ausgelöst, strukturiert das Verhalten von Menschen, das Verhältnis zwischen Menschen.
Denn nicht nur das Sein bestimmt das Bewusstsein (Marx), sondern auch das Bewusstsein das Sein 10 .

Durch diesen Namen werden aber auch männliches und weibliches Geschlecht und Heterosexualität als Normalität konstruiert.
Denn der Name "mein Freund" löst nur genanntes Wissen aus, wenn die Person, die das sagt, meinen Vorstellungen von einer "Frau" entspricht, "meine Freundin", wenn die Person mir männlich erscheint.
Dabei wird die (wenn mensch die Existenz der Kategorien "Mann" und "Frau" annimmt) Heterosexualität als Normalität wiederum bestätigt. Wenn ein "Mann" von einer Freundin redet, denkt das Umfeld oft an eine RZB mit allem, was dazu gehört.
Umgekehrt ist es ebenso. Es gibt "Frauen", die deshalb nicht den Namen "Freund" benutzen, sondern "Kumpel", um ja keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen.

Nun kann mensch ja einwenden, dass Homosexualität heute zumindest in den Metropolen (Großstädten) durchaus nicht ungewöhnlich ist.
Trotzdem wird sie nicht als "normal" angesehen, sondern als exotische Abweichung, die die Heterosexualität als Normalität bestätigt.
Und beide könnte mensch auch unter der Kategorie "Monosexualität" zusammenfassen, nach der sich menschliches Begehren jeweils auf Menschen eines Geschlechtes richtet.
Bisexualität, die Möglichkeit, dass sich das Begehren auf Menschen unabhängig vom Geschlecht richtet, erscheint suspekt, verdächtig, nicht ausgereift.
Da Menschen innerhalb einer RZB oft nur einen Geschlechtspartner haben (dürfen), nämlich "den Freund"/ "die Freundin", ist es auch weniger möglich, das Bedürfnis nach Nähe/Zärtlichkeit/Sex 11 mit einem gleichgeschlechtlichen Partner, den ich vielleicht total gut leiden kann (nicht muß) oder/und wo ich das nett fände, zu befriedigen.

Monosexualität und damit vor allem Heterosexualität wird als Normalität bestätigt.

Als Grund für eine RZB wird auch das stärkere Vertrauen zu einem Menschen angegeben, die Sicherheit, die mir dieser Mensch gibt, die besondere Qualität, die so eine Beziehung hat. Wenn Menschen RZBs eingehen, kennen sie sich aber meist noch nicht so lang, woher kommt dann das Vertrauen, die Sicherheit? 12 Ist das nicht ein Anspruch, der gar nicht erfüllt werden kann?
Und wenn ich mit einer Person ein Verhältnis habe, dass vertrauensvoll ist, uns Sicherheit gibt, wozu brauche ich dann den Rahmen RZB?
Wozu muss ich sagen "Wir sind zusammen"?
Sollen die Rahmen und Namen die Beziehung durch eine gemeinsame Identität festigen und wenn ja, ist das nicht eine Täuschung?

Nicht zuletzt werden durch den Namen entgegengesetzte Interessen verdeckt und die Herrschaftsstruktur lässt es zu, dass die überlegene Person ihre Interessen durchsetzen, über eine andere Person verfügen kann. So ist es wenig verwunderlich, dass der Großteil der Vergewaltigungen nicht im dunklen Park geschehen, sondern innerhalb von RZBs. - Sicherheit und Vertrauen?



Vereinheitlichung von Beziehungen

Das bürgerlich-patriarchale System normiert durch die RZB die Art, in der wir zusammenleben. Dies geschieht unter anderem durch die Kategorisierung von Beziehungen, das Zuweisen von Bezeichnungen.

Die Existenz von RZBs, die gesellschaftlichen positiven Sanktionen, die Menschen bekommen, wenn sie eine eingehen (s.o.), die Herausstellung von Sexualität und Zärtlichkeit als etwas Besonderes, aus anderen Möglichkeiten von Kontakten zwischen Menschen Herausragendes, führt zu einer Vereinheitlichung von Beziehungsformen zwischen Menschen und zu einem starren festen Gefüge, in dem die Bedürfnisse der Menschen weniger eine Rolle spielen als die Aufrechterhaltung der Strukturen. Ich kann nur eine RZB haben und viele Nicht-RZBs. Dabei ist mir vorgegeben, wie ich mit den Menschen umzugehen habe und das (dem Ideal nach) für mein ganzes Leben. 13

So kanns auch kommen

Vor allem bei langen RZBs gibt's oft keinen Grund mehr, die RZB aufrecht zu erhalten, sondern nur keinen, sie zu beenden.

Durch den gegebenen Rahmen und die hohe Stellung in der Hierarchie der Beziehungen, geht mensch ganz oft davon aus, dass sie /er sich nicht mehr allzusehr um die Partnerin / den Partner kümmern muß.
Solange die Rahmenbedingungen der RZB eingehalten werden (siehe Sicherheit), sehen Leute oft keine Notwendigkeit, auf die Person weiter einzugehen oder sich mehr einzubringen, da die Weiterführung der Beziehung durch das Einhalten der Rahmenbedingungen gegeben ist. Geduld, Freundlichkeit, Verständnis, etc. sind keine grundsätzlichen Rahmenbedingungen einer RZB und werden oft nur dann der Partnerin / dem Partner gegenüber gezeigt, wenn die Beziehung in eine Krise geraten ist, die sie ernstlich bedrohen könnte.


Advertise yourself! oder Wertkritk ist nötig!

Zum Eingehen einer RZB müssen die Gründe produziert werden. Das macht Max, 4711 14 und den Sportpark reich.

Im Vorfeld einer Beziehung ist es wichtig, auf das Aussehen zu achten, zu potentiellen PartnerInnen immer nett, zuvorkommend und verständnisvoll zu sein, u.s.w. Dies erhöht dann automatisch die Chance, eine Partnerin / einen Partner "abzukriegen". Diese Situation ist durchaus mit dem Anbieten auf einem Markt ("Heiratsmarkt") zu vergleichen. Mensch zeigt ihre / seine Vorzüge und versucht, den eigenen Marktwert somit zu erhöhen. 15

Ganze Zweige der Produktion sind nur damit beschäftigt, Möglichkeiten anzubieten, den eigenen Wert zu steigern (Bodybuilding, Lifestyle-Zeitungen, Kosmetik, ...).

Eifersucht ist Liebesbeweis ist Besitzanspruch

Wo wir schon bei Wertsteigerung sind, ist das Privateigentum nicht weit.

Eifersucht wird oft als Liebesbeweis genommen, da es Verlustängste ausdrückt. Die Angst vor dem Verlust wird dann mit der Wichtigkeit der Sache, des Menschen gleichgesetzt.
Verlieren kann mensch jedoch nur etwas, was ihr / ihm gehört. Hier wird also auch ein Besitz an Menschen / Gefühlen ausgedrückt.
Dieser Besitz ist aber beidseitig, denn wenn jemand todunglücklich, weil eifersüchtig ist, zeigt dies auch, dass sein / ihr Gemütszustand vollkommen vom Handeln einer bestimmten Person abhängig ist. Es besteht also eine psychische Abhängigkeit von dieser Person, bzw. ihrem / seinem Handeln. Die Maßstäbe der betreffenden Personen werden dann häufig übernommen (schwärmt sie für Langhaarige, lass' ich mir die Haare lang wachsen, schaut er Menschen mit Minirock hinterher, zieh' ich auch mal einen an).
Das eigene Selbstwertgefühl steht und fällt mit der Anerkennung und Aufmerksamkeit einer Person.
(Eifersucht ist das Gefühl, das mensch hat, wenn jemand (hier: Freundin / Freund) einem anderen Menschen die Aufmerksamkeit zuwendet, die mensch sonst selbst von ihm erhält, bzw. mensch erwartet, dass die Person einem / einer selbst diese Aufmerksamkeit zuwenden solle, sie dies aber bei einer anderen Person tut
Von vielen Menschen wird im Zusammenhang mit Eifersucht die Frage laut, was die Person - auf die mensch gerade eifersüchtig ist - denn hat, was mensch selbst nicht hat. Ist sie / er hübscher?, witziger?, politischer?, gebildeter?, ... .
Dies hat meist sehr viel mit dem Selbstwertgefühl (bzw. Minderwertigkeitsgefühl) desjenigen / derjenigen zu tun, welche/r diese Vermutungen ausspricht. Außerdem ist daraus zu schlussfolgern, dass sich das Selbstwertgefühl der Person, die neidisch auf eine andere Person ist, wohl zu einem großen Teil daraus ergibt, wie eine bestimmte Person (in diesem Falle der Freund / die Freundin) auf sie reagiert bzw. nicht reagiert. Dies weist auf eine große psychische Abhängigkeit von dieser einen Person hin.)

Eine andere Annahme verstärkt das Gefühl der Eifersucht. Die meisten Menschen scheinen der Auffassung zu sein, Gefühle seien nur in begrenztem Maße zu verfühlen und haben deshalb die Befürchtung, nichts mehr von ihnen abzubekommem bzw. nicht mehr den größten Teil der vorhandenen Gefühle, auf die sie aufgrund ihres "stummen Vertrages" ein Anrecht zu haben glauben. Leider hat noch niemand die Menge der vorhandenen Gefühle erforschen können und vor allem ist kein einheitlicher Wert für alle Menschen zu erkennen. Wann die Grenze der Gefühlsmenge überschritten ist, die eine Freundin / ein Freund an andere Personen verfühlen "darf", ohne dass der "stumme Vertrag" gefährdet ist, scheint also eine sehr subjektive und undefinierbare Größe zu sein, die mensch sich hinbiegen kann wie mensch sich gerade fühlt.

Eine sehr besitzergreifende Person wird diese Grenze wahrscheinlich viel weiter unten ansetzen, da sie viel eher die Angst haben wird, dass die Sicherheit - die sie durch den "stummen Vertrag" erreicht hat - in Gefahr ist. Eine Person, die ihre gesammte psychische Befindlichkeit von einer Person abhängig gemacht hat, wird ebenfalls sehr wenig Gefühlsspielraum geben können ohne sich persönlich vernachlässigt und minderwertig zu fühlen.

Eine wichtige Frage ist auch, ob es wirklich als Liebe zu bezeichnen ist, wenn ich behaupte, dass ich jemensch so sehr liebe, dass ich ohne sie nicht leben kann und darauf achte, dass die Person sich nicht zu sehr mit einer anderen Person beschäftigt, dass sie nicht ihre eigenen Wege geht. Solche "Liebe" steht dem Besitz und der Abhängigkeit näher als der Zuneigung und dem Vertrauen.
Wenn ich jemensch liebe, ziehe ich mich dann von ihm zurück, weil sie sich mit anderen Menschen liebt? Bringe ich jemensch aus Eifersucht um, die ich wirklich LIEBE?
"Lieben - das heißt den geliebten Menschen zu fördern, befreien, beleben und behüten. Die meisten Beziehungen zwischen Menschen sind jedoch von der Angst besetzt, der Partner könne sich weiter entwickeln und einem dabei aus den Fingern gleiten. Diese Angst führt zu dem Bemühen, ständig das Bestehende zu festigen und zu sichern, da jede Veränderung und Entwicklung gefährlich erscheint. So wird der vermeintlich geliebte Mensch gehemmt, erstickt, gelähmt und an die Kette gelegt: ..." (Edit Lankor, 1979, S.35)

All diese Fragen und der schwer zu widerlegende Fakt, dass Eifersucht ein negatives, destruktives Gefühl ist, was Menschen dazu bringt, völlig sinnlose, erniedrigende und schreckliche Handlungen (Szenen, Racheakte, Nachspionieren, Morde ...) zu vollziehen, sollten genügen, um die Existenzberechtigung der Eifersucht an sich in Frage zu stellen.

Wichtig ist dabei noch zu bemerken, dass es Zeiten und Gesellschaften gab / gibt, welche Gefühle solcher Art nicht kennen. Als Beispiel seien hier Gesellschaften genannt, die den Zusammenhang zwischen "Paarung und Zeugung" (Heinz Körner, 1979, S.18) nicht kannten / kennen. Heute ist dies meist nur noch in matrilinear (mutterrechtlich; Vererbung und Namensweitergabe in weiblicher Linie) organisierten Gesellschaften unbekannt bzw. wird geleugnet (Heinz Körner, 1979, S.17). Auch die Frage, ob es Privateigentum gibt, spielt dabei eine Rolle.

Es ist also zu einfach, diese Gefühle einfach auf die "menschliche Natur" zu schieben, um sie nicht hinterfragen zu müssen, auch heute noch gibt es Gesellschaften, in denen Eifersucht keine Rolle spielt, sie ist also nicht zwingend notwendig! 16

Kapitalismus

RZB und Ehe sind funktional für den Kapitalismus. Wer hätte das gedacht?


Reproduktion

Damit die Maschine weiter laufen kann, muss die verbrauchte Energie der ArbeiterInnen ständig wieder hergestellt werden. Dafür ist die RZB wunderbar geeignet: Wenn Er schwer geschafft von der Arbeit kommt, macht Sie ihm was feines zu essen, massiert ihn, etc. 17 Außerdem müssen verbrauchte (z.B. alte und kranke) Arbeitskräfte gepflegt und neue Menschen geboren und aufgezogen werden. Auch dies sind Aufgaben, die zum großen Teil innerhalb der RZB oder in der Ehe erledigt werden.
All diese kostenlose und unsichtbare Arbeit macht es überhaupt erst möglich, dass in der Chefetage oder am Fließband Heldentaten der Arbeit erbracht werden.
Somit hilft die RZB, das gegenwärtige System aufrecht zu erhalten, sie ist funktional für den Kapitalismus - was nicht heißt, dass es im Sozialismus automatisch anders aussieht.
Neben der Reproduktionsarbeit, die innerhalb der RZB geleistet wird, ist die Familie ein nicht zu unterschätzender Anreiz für die Selbstausbeutung des Hauptverdieners/der Haupverdienerin. "Ich tue es für die Familie" - ein oft gehörter Satz, wenn der gestresste Ehemann begründet, warum er wieder mal bis zum Umfallen geschuftet hat. Traurige Realität in zahlreichen Familien ist, dass die Arbeit, die Er für die Familie tut, ihn darart einnimmt und bestimmt, dass für den erhofften Profit (ein erfülltes Familienleben) keine Zeit, keine Ruhe, keine Muße da ist. Wenn dann noch die Erwartung der Familienidylle mit der Realität zusammentrifft, ist die Eskalation vorprogrammiert (häufig dann, wenn die Erwartung besonders hoch ist, z.B. an Weihnachten).
Ich kann dem enttäuschten Familienvater, der die von ihm genervte Familie am Abendbrottisch erbost fragt: "Für wen tue ich denn das alles?" nur antworten: "Ich weiß es nicht - lass es doch einfach!"


Abhängigkeit

Die wirtschaftliche Abhängigkeit der weniger verdienenden PartnerInnen in der RZB machen es möglich, mehrere Leute über einen Mechanismus - den Lohn des oder der HauptverdienerIn - zu unterdrücken und (s.o.) auszubeuten.
Außerdem schafft diese Situation (einE HauptverdienerIn) innerhalb der RZB wirtschaftliche Abhängigkeits- und Machtstrukturen ("Solange Du deine Füße unter unsren Tisch...")
Auf emotionaler Ebene besteht oft eine spiegelbildliche Abhängigkeit.
Wer den Tag auf der Arbeit verbringt und dort so wichtige Dinge wie Zärtlichkeit, Trost, Verständnis nicht vorfindet, ist dann halt auf eineN verständnisvolleN PartnerIn angewiesen, der/die diese Bedürfnisse zuhause befriedigt. Außerdem ist "der Mann" oftmals noch in hohem Maße unfähig, sich in Fragen Ernährung, Körperpflege und Kleidung selbst zu versorgen. Die Ehe als vollendete Form der RZB kann also auch als ein zweiseitiges Rechtsgeschäft (emotionale und körperliche gegen ökonomische Versorgung) gesehen werden.


Gefühlsmarken trotz Überfluss

Durch die RZB werden angenehme/wünschenswerte Aspekte in Beziehungen rationiert. 18
Ein weiteres Problem der weiten Verbreitung der RZB ist, dass diejenigen Elemente, die innerhalb der RZB wirklich gut sind (oder es sein sollten) auf zwei Personen beschränkt bleiben. Solidarität, zusammen wirtschaften, Zärtlichkeit, Sexualität 19 , sich aufeinander verlassen können, etc. sind im Grunde wunderbare Dinge, die viel zu schade sind, um nur in einer scharf abgegrenzten Gruppe ausgelebt zu werden 20 .

Woher kommt der Einfall, andere und damit sich selbst zu beschränken

?
Um den Leuten von klein auf die RZB als einziges anstrebenswertes Ziel vor zu gaukeln, sind natürlich umfangreiche ideologische Vermittlungsinstanzen von Nöten. Wir versuchen nun, diese darzustellen.


LIEBE als Paradigma

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist die LIEBE, d.h. die romantische Liebe zwischen verschieden geschlechtli-chen Menschen konstituierendes Element der Zweierbeziehung 21 .
Vorher war die Beziehung in ihrer institutionalisierten Form "Ehe" eine Zweckgemeinschaft. "Liebe" war nur in der christlichen Form zu Gott und zum "nächsten wie sich selbst" bekannt. 22
Hier wird deutlich, dass unser heutiger Begriff von Liebe - das Kribbeln im Bauch, die Eifersucht, das sich-nicht-vollkommen fühlen - gesellschaftlich konstruiert ist.
Die Propagandamaschinerie der romantischen Liebe reicht vom "war schon immer so" über die BRAVO bis zum deutschen Schlager.



geschichtliche Herleitung der RZB

Bei Engels entsteht die Monogamie - aus der sich später die Ehe und dann die RZB ergibt - durch das Privateigentum. Um Eigentum in einer (männlichen) Hand anzuhäufen und über Erbschaften weiterzugeben, ist es notwendig zu bestimmen, um wessen Kind es sich handelt 23 . Diese Erklärung setzt voraus, dass es bei Entdeckung des Privateigentums schon eine geschlechtsspezifische Rollenverteilung gab. Andererseits erzeugt die RZB auch wieder genau diese Rollenverteilung. Ich denke, dass dies kein Widerspruch ist. (Die Geschlechterhierarchie hat sich eine Institution geschaffen, welche wiederum die Hierarchie verstärkt und weiter trägt.)



Schule

Die Schule hat die Aufgabe, das System aufrecht zu erhalten, auch in Bezug auf die Geschlechterspezifik. Sie tut dies durch die Vermittlung von Fertigkeiten 24 und durch Vermittlung von Ideologie 25 (dem Machterhalt und Interessen dienendes System weltanschaulicher Leitbilder, Werte und Anschauungen) Ich erinnere mich an M. Leroc aus dem Französischbuch, der schwer arbeiten ging, Mary und Peter aus dem Englischbuch (Sie stand auf Schokolade und Boy-Friends und er war immer in Action) und an die Buben und Mädels in den 50 Jahre alten Lesebuchgeschichten.



Propaganda

Auch außerhalb von Schule und Elternhaus wird Werbung für die romantische Zweierbeziehung gemacht. Hier einige Beispiele.


Popmusik

Ob Hardcore oder Volksmusik - Die Musik als Bestandteil jugendlicher Subkultur und damit wichiger Sozialisationsinstanz ist voll von RZB- und Liebes-Propaganda. Eine Aufzählung.

I want you so bad I miss you She loves you every day in my life i feel so bad when she's not there step one - we can have lots of fun ich steh auf Dich schon der Gedanke, dass ich Dich einmal verlieren könnt she's my girl give me a reason to love you torn appart stay eine neue liebe ist wie ein neues leben vorbei je t'aime she's my girl take my hand look me in the eye whenever you need somebody we've got each other and that's enough for love you are allways on my mind


Fernsehen

Wer sich Talkshows ansieht, dem wird bekannt sein, dass ein breiter Teil der Bevölkerung sich sexuell abweichend verhält und ohne Lederpeitsche keinen Orgasmus bekommt. 26
Was jedoch in der täglichen Exhibitionismus-Show deutlich wird, ist die Tatsache, dass es sich bei den dargestellten Praktiken um eine Abweichung handelt. Dadurch wird die patriarchal-bürgerlich-romantische Normalität gerade durch das Breittreten der Abweichung konstruiert.
Soap Operas und Heimatfilme brauche ich hier hoffentlich nicht weiter zu analysieren, aber auch Actionfilme, Thriller und Komödien kommen nicht ohne mindestens ein Pärchen aus, dessen "Liebesgeschichte" den Film bestimmt. Erst wenn auch sie sich gefunden haben (na gut, manchmal muss er oder sie auch für meist die andere sterben), kann abgeblendet werden und die ZuschauerInnen können sich getrost zurücklehnen und aufatmen. Alles ist IN ORDNUNG.


Kirche

Hier fühlen wir uns völlig inkompetent. Vielleicht weiß ja jemensch von Euch Lesenden mehr darüber, dann würden wir uns über eine Ergänzung sehr freuen.

Wie's anders sein kann

Wir wollen nun darstellen, wie s besser gehen kann. Dazu haben wir keinen Konsens gefunden und stellen daher zwei Ansätze dar.


solidarisch zu allen

Wenn mensch eine größere Anzahl engerer Bezugspersonen (Netz) hat, können verschiedene Bedürfnisse, von mehreren Menschen, die sie erfüllen wollen und können, besser befriedigt werden, als von einer Person, die sich gezwungen sieht, alle Bedürfnisse jederzeit zu erfüllen, was praktisch unmöglich ist.
Wenn eine Person gerade nicht da ist, keine Zeit hat, gibt es andere Personen, die mir helfen, mich unterstützen, für mich da sind.
Dabei sind unfreiwillige Abhängigkeiten unwahrscheinlicher, da eine (mindestens theoretische) Wahlmöglichkeit besteht. Auch in sexueller Hinsicht ist dies wichtig.
Um Zärtlichkeit und Sexualität ausüben zu können, ist es in einem Netz nicht mehr zwingend notwendig, sich dieser Person ganz und gar hinzugeben und auszuliefern.
Emotionale und körperliche Abhängigkeiten sind unwahrscheinlicher. Nähe bedeutet nicht mehr automatisch Sexualität und umgekehrt. Den Stellenwert von Sexualität im eigenen Leben und in einer Beziehung zu einer Person kann selbst bestimmt und auch verändert werden. Dabei soll es keine vorgegebenen Hierarchien von Beziehungen geben, sondern nur selbstgewählte.
Auch in anderen Lebensbereichen kann ein Netz ein selbstbestimmteres, erfüllteres Leben bieten. Zum Beispiel wäre es wahrscheinlicher, dass ich nie wieder Ski fahre, wenn meine RZB nicht Ski fahren kann als wenn ich mehrere Leute gut kenne, von denen vielleicht jemand gern Ski fährt.
Wenn ich ein Problem habe, mit dem ich nicht weiterkomme, kann es wichtig sein, es mehreren Personen erzählen zu können, auch wenn es ein sehr persönliches Problem ist. Oft ist das Problem in RZBs, dass die Probleme, die die Menschen miteinander haben, nur innerhalb der Beziehung besprochen werden (vielleicht noch mit der "besten Freundin"). Wenn mehrere Personen ihre Sicht der Dinge schildern, ist eine objektivere Einschätzung und eine Auswahl aus verschiedenen Handlungsmöglichkeiten viel eher gesichert. Der Forderung nach der Aufhebung der Trennung von "Öffentlichem" und "Privatem" würde somit ein Stück nach gekommen sein.
Wie kann mensch sich nun solch ein Netz vor stellen?:

(die länge der Striche soll die ungefähre "Nähe" der Beziehung ausdrücken)

Solche ein Netz - oder ein Ähnliches - könnte sicherlich jede/r erstellen, die / der sich in sozialen Zusammenhängen bewegt. In DIESEM Netz gibt es allerdings keine Zwangshierarchien und Zwangssexualität bzw. Zwangsasexualität. So kann Person A die "Pflege"(?) der Beziehung zu N für genauso wichtig halten, wie die "Pflege" der Beziehung zu D, obwohl die "Nähe" der Beziehung unterschiedlich ist. Auch kann A körperliche Kontakte zu B und K pflegen, obwohl auch die "Nähe" dieser beiden Beziehungen sehr unterschiedlich ist. Es besteht also kein automatischer Zusammenhang zwischen "Nähe" und Körperlichkeit einer Beziehung. All diese Dinge können selbstbestimmt in der jeweiligen Beziehung bestimmt werden und auch verändert werden, wenn die Bedürfnisse einer oder mehrerer Personen sich ändern. Solche Veränderungen müssen aber nicht den Abbruch einer Beziehung bedeuten, wie das in RZBs häufig der Fall ist, sondern verändern meist nur - wenn überhaupt - mehr oder weniger die Stellung der Beziehung im Netz. Auch können 3 oder 4 Ecksbeziehungen in diesem Netz eine wichtige Stelle einnehmen, da die Bedeutung der "Zweisamkeit" von den Menschen selbst gewählt wird und nicht vorbestimmt ist. Es gibt hier also keine (von vornherein) abgegrenzten sozialen Räume. Meine persönlichen Entscheidungen kann ich sowohl mit C allein besprechen, als auch wenn ich gerade mit C, B, H und G im Plenum sitze oder Tee trinke. Ich kann potentiell mit allen Menschen in meinem Netz eine in irgendeiner Form geartete körperliche Beziehung haben.
Jedenfalls sollte es kein festgelegtes Tabu für so etwas geben (wobei "körperliche Beziehung" hier ALLES meint, was mit Körper zu tun hat, also "auch" Tanzen, Streicheln, Umarmen, Händchen halten, Küssen, Anlehnen, etc. 27 ). Hier sollte auch in jeder neuen Situation eine neue Entscheidung getroffen werden, ob ich jetzt mit dieser Person KÖRPERN ( siehe "körperliche Beziehung") will. Diese Entscheidung sollte sich nicht automatisch aus der Gewohnheit ("letztes Mal durfte ich das doch auch"), der Uhrzeit (Nacht), dem Ort (zum Beispiel die gleiche Schlafstelle) ergeben, sondern aus den Bedürfnissen der beteiligten Personen.
Außerdem heißt das natürlich auch, dass sich aus einer bestimmten Handlung keine bestimmte soziale Stellung ergibt und umgedreht. Dabei kann es natürlich leicht passieren, dass eine gemeinsame Handlung sehr unterschiedliche Bedeutungen für die beteiligten Personen hat, aber ich meine behaupten zu können, dass die jetzige Einteilung (Sexualität = Liebe = Liebesbeziehung; "nur" Reden = Freundschaft; Saufen = Kumpel) diese unterschiedlichen Wahrnehmungen nur zu kategorisieren und in ein funktionales vorgefertigtes Muster zu drücken versucht, was sowieso nur äußerst selten etwas mit den Menschen zu tun hat, die oder deren Gefühle da kategorisiert werden.

Es ist gar nicht so schlimm unterschiedliche Bedürfnisse und Gefühle zu haben, kann ich Euch sagen. Solange mensch die Offenheit und Vertrautheit besitzt, sie sich gegenseitig zu sagen / bzw. sagen zu können, werden erstens viele Missverständnisse aus dem Weg geräumt sein und gleichzeitig auch die entwürdigenden, nervenden, zermürbenden Grübeleien:
Mag er mich oder mag sie mich nicht?
Wird er mich zum Abschied drücken?
Was bedeutet es, wenn sie mich nicht anruft oder er keine Zeit für mich hat?
Mag er es eigentlich, wenn ich den Arm um ihn lege?...
Fragen / Sagen hilft! Und Anworten auch! 28
Das alles soll natürlich nicht heißen, dass es keinerlei Gewohnheiten geben sollte und ständig alles neu hinterfragt werden sollte, aber eine Gewohnheit als DIE Begründung für eine Handlung zu haben (sei es nun zusammen Kochen, Küssen oder Mensch ärger dich nicht spielen) ist für mich nicht akzeptabel. Ich höre ja auch nicht immer auf die nette Polizistin, weil sich das halt so gehört und ich das so gelernt habe und ich esse nicht, weil es 18.00 Uhr ist und es bei meinen Eltern da immer Abendbrot gab bzw. gibt.


Oder auch so

Bei unserer Vorstellung davon, "Wie's anders sein kann", fanden wir wie gesagt keinen Konsens.
Die beiden anderen vertreten das oben dargestellte. Ich möchte hier meine Vorstellung skizzieren.
Wir sind uns schon in einigen Punkten einig, zum Beispiel darin, dass es jetzt schon Netzwerke gibt. Sie sind dafür, diese Netzwerke weiterzuentwickeln, zu befreien (emanzipieren). Mein Ansatz ist ein anderer. Ich denke nämlich, dass es diese Netzwerke und ein Bewusstsein von Netzwerken unter anderem deshalb gibt, weil Öffentliches und Privates getrennt sind. Die oben beschriebenen Merkmale von Beziehungen, die ja auch teilweise in Beziehungen mit "nur" guten Freunden und nicht nur in der RZB vorkommen (über Probleme reden, manchmal auch Zärtlichkeiten), sind für das Private gedacht, für den "Harmonie-Bereich", das andere - Konkurrenz, HERRschaft, Auseinandersetzungen - für die Öffentlichkeit. Dabei galt schon vor 20 Jahren ausgehend vom Feminismus: "Das Private ist politisch!". Damit sollte darauf hingewiesen werden, dass auch das, was im Privaten passiert, mit dem zusammenhängt, was in der Gesellschaft passiert, dass das Patriarchat auch (vielleicht sogar besonders) "in den eigenen vier Wänden" Einfluß auf die Menschen und die Verhältnisse zwischen ihnen hat. Ich finde es deshalb besser, wenn die Trennung von Privatem und Öffentlichen aufgehoben wird. Die positiven Aspekte müssen auch in der Öffentlichkeit möglich sein, Zärtlichkeit, Solidarität, die Sorge um andere Menschen, einander zuhören, füreinander da sein, sollten gesellschaftliche Prinzipien werden. Die "Nahrung für die Seele" darf nicht länger beschränkt werden. 29 Das heißt ja nicht, dass ich mit allen Menschen überall ficken (Nähe ist nicht gleich ficken) und mir immer und überall die Probleme anderer Menschen anhören muss (diese Kritik an meinem Vorschlag wurde schon geäußert), aber es sollte zumindest möglich sein, dass das Menschen tun. Es gibt zwar HERRschaftsverhältnisse wie Kapitalismus, Sexismus, das Verhältnis Erwachsene-Kinder, etc. so dass es oft Widersprüche gibt zwischen Menschen und sie auch noch dadurch erpressbar sind, aber auch "das Private" schützt nicht davor (siehe "Da kann ich doch nix machen, das sind doch ihre Kinder" - Entschuldigung dafür, nichts zu machen, wenn Erwachsene Kinder schlecht behandeln). Vielleicht ist es sogar schwerer möglich, HERRschaft über andere Menschen auszuüben, wenn es nichts Privates, keinen undiskutierbaren Raum, mehr gibt. 30 Auch sollte die Bedeutung von Sexualität und die Markierung von Handlungen als Sexualität und deren Tabuisierung aufgehoben werden. Ich denke, dass es dadurch möglich ist, dass Sexualität nicht mehr als Mittel, um HERRschaft auszuüben, benutzt werden kann. Dann ist es möglich, diese Dinge mit verschiedenen Menschen zu tun, nicht mehr auf einen Menschen angewiesen zu sein. Die Erpressbarkeit ist gering oder gar nicht da, die Gewalt in den Beziehungen nimmt ab. Auch solche unkonkreten Aussagen wie "Ich mag dich!" oder "Ich habe dich lieb" sollten nicht mehr verwendet werden, stattdessen wäre es besser, wenn sich Menschen sagen, was sie gern miteinander tun würden, dass sie gerade keine Lust auf bestimmte Sachen haben, versuchen zu beschreiben, was die andere Person (gerade in dem Moment, denn Beziehungen ändern sich) für sie bedeutet, wenn das denn nötig ist. 31
In Diskussionen oder wenn mir andere Menschen erzählen, was sie gerade beschäftigt, fallen immer mal solche Wendungen wie "Freundschaften pflegen" oder "Zeit in eine Beziehung investieren". Besonders beim zweiten, aber auch bei den Stichworten "Wert" und "Besitzanspruch" wird deutlich, dass Verhältnisse zwischen Menschen mit der aktuellen, kapitalistischen Ökonomie zusammenhängen, ähnlich funktionieren. Ich muß irgendetwas haben (Kapital), um es zu investieren und den gewünschten Gewinn zu erzielen, um mir mit diesem irgendwelche Wünsche zu erfüllen, statt dass ich gleich allein oder mit anderen etwas für die Erfüllung des Wunsches tue. Ich muß erst mit Leuten ins Kino gehen, fragen woher sie kommen, was sie so machen, um zu ihnen Vertrauen zu haben, Nähe zu spüren, sie an mich ran zu lassen (in welcher Beziehung auch immer) statt dass Menschen grundsätzlich einander vertrauen, etc. Nicht ich spiele eine Rolle, sondern mein Wert. Mein Vorschlag schließt auch die Aufhebung von Privteigentum, vor allem an (Re-)Produktionsmitteln ein, auch diese müssen veröffentlicht/vergesellschaftet (das heißt nicht "verstaatlicht"!) werden, dürfen nicht nur von einzelnen Menschen kontrolliert werden. Hier wird schon deutlich, dass die Aufhebung von Öffentlichem und Privatem eine große gesellschaftliche Veränderung bedeutet, tatsächlich halte ich diese in Anbetracht dessen, wie die Welt gerade ausssieht und funktioniert für dringend notwendig - also: mehr Gesellschaft, weniger HERRschaftsverhältnisse (Kapitalismus, Sexismus, Patriarchat, Rassismus, Staat, RZB), mehr Freiheit und (selbstdefiniertes) Glück und Zufriedenheit, weniger Einschränkungen und Leid. Praktisch könnte das vielleicht so aussehen, dass sich die Formen des Zusammenlebens ändern, Menschen in Kommunen leben, wo mehr Begegnung, Nähe, Austausch ist, ihr Leben gemeinsam organisieren, gemeinsam für aller Bedürfnisbefriedigung arbeiten. Aber die Praxis muß von allen Leuten diskutiert werden, wird vielleicht immer mal geändert. Ich möchte und kann mich nicht auf einen "Masterplan" festlegen, aber eine Idee habe ich ja schon mal.


Was bei der Umsetzung schwer ist

Da wir in einer nach RZBs strukturierten Gesellschaft leben, kann mensch sich dem natürlich nicht einfach so entziehen und stößt auf viele Widerstände. Wir möchten hier einige benennen und ein paar Überlegungen zum Umgang mit ihnen liefern.

Ich bin oft von Menschen umgeben, die die RZB propagieren oder als Selbstverständlichkeit ansehen und diese Struktur im Umgang mit mir auf mich übertragen wollen. Wenn sie mich mit einem zärtlich umgehen sehen, beim streicheln o.ä., heißt das für sie, dass ich eine RZB mit dieser Person habe und reden dann auch so von ihr, sagen z.B. "dein Freund" (zwinker, zwinker - siehe Namen und Rahmen) statt des Namens der Person.
Wenn sie wissen wollen, wo betreffende Person gerade ist, fragen sie mich, auch wenn viele Menschen dabei sind, die das viel besser wissen könnten, mit ihm zusammen wohnen oder lohnarbeiten oder in einer Gruppe arbeiten.


Die geschlechtsspezifische Komponente der Netzwerklebensformen

Natürlich erfahren Menschen, die sich der traditionellen Form von Zweierbeziehungen verweigern, Reaktionen und Sanktionen von ihrer Umwelt. Diese sind in hohem Maße davon bestimmt, welchem Geschlecht sie augenscheinlich angehören. In der bürgerlich-patriarchalen Ideologie existiert ein altes Gegensatzpaar, um sexuelle AbweichlerInnen zu diskreditieren: Die Schlampe und der tolle Hecht.
Männer und Frauen (im zugeschriebenen Sinne) sehen sich also spezifischen Reaktionen gegenüber, wenn ihr Umfeld wahrnimmt, dass sie sich die Freiheit nehmen, Zärtlichkeit und Sexualität mit verschiedenen Personen zu praktizieren.
In so fern stellt unsere Art zu leben auf sexueller Ebene keine Neuerung dar, sie hat ihre Nische im bürgerlich-patriarchalen System.
Wenn wir aber davon ausgehen, dass unsere Gefühle und Gedanken auch gesellschaftlich gemacht werden, müssen wir einbeziehen, wie sie uns haben wollen und was sie uns zuschreiben, um Ihnen nicht auf den Leim zu gehen und am Ende selbst zu glauben was sie denken wie wir uns fühlen sollen.

Die Schlampe muss sich überlegen, wie sie mit der Ächtung bürgerlicher Kreise umgeht und der tolle Hecht oder Macker muss überlegen, wie er sein Tun erklärt, ohne bürgerliche Rollenvorstellungen vom sexuell erfolgreichen Mann zu reproduzieren.

Fürs Erste scheint klar zu sein, wer's hier leichter hat. Aber denken wir weiter und fragen uns: Wer sind (in der bürgerlichen Ideologie) die PartnerInnen von Schlampe und Hecht?
Der Mann der Schlampe ist ein Depp, die Witzfigur vom gehörnten Ehegatten. Er hat also damit zu rechnen, dem Spott und Hohn seiner Umwelt anheim zu fallen, wenn seine vermeintliche Partnerin eben nicht die "seine" ist.
Die Frau des Hechtes wiederum ist ein armes, verlassenes Geschöpf. Gute FreundInnen aus der Zweierbeziehungsszene werden es nicht unterlassen, sie trösten zu wollen und zu bestätigen was für ein herzloser Kerl "ihr" Partner doch ist.
Indes ist, wenn wir anerkennen, dass wir selbst zum großen Teil Produkt der Verhältnisse sind, offensichtlich, dass diese Zuschreibung uns betrifft, da unser soziales Umfeld Teil der Verhältnisse ist. (KeinR von uns kann sich gänzlich aus dem bürgerlich-patriarchalen Umfeld entfernen). Wir können uns "ein dickes Fell" anschaffen und versuchen, die unsinnigen Zuschreibungen zu ignorieren. Da wir aber denken, dass unser Entwurf nicht nur unsere Sache ist, die "die anderen" zu tolerieren haben, sondern faktisch besser als das Leben in serieller Monogamie oder Ehe, ist es an uns, Strategien zu entwickeln, die vermitteln, dass es in der Tat anzustreben ist, keineN "meineN" zu besitzen.

An diesem Punkt danken wir den Schlampen von der Schlampagne, die den Begriff Schlampe neu und positiv besetzen als widerständig lebende Frau, die ihre Beziehungen keiner HERRschenden Norm unterwerfen will. 32
Ich könnte als dekonstruktivistisch argumentierende Person diesen Begriff für mich nutzen, trotzdem ich männlich sozialisiert und dem Augenschein nach ein Mann bin.
Vielleicht würden wir damit aber die patriarchale Ordnung leugnen und Mackern wie Langhans, die sich mit einem Harem schmücken eine antisexistisch beglaubigte Entschuldigung liefern? 33

Vielleicht brauchen wir ein neues Wort für widerständig lebende Menschen, die ihre Geschlechtsidentität und ihre Beziehungen keiner HERRschenden Norm unterwerfen wollen.

Wir gehen hier nicht weiter und fragen alle Interessierten, vor allem die Schlampen von der Schlampagne: Was haltet Ihr davon, wenn Menschen, die aufgrund Ihres Aussehens und Ihrer Erziehung Männer sind, die ständige Zuschreibung ablehnen und keinen Bock auf den ganzen Männer-Scheiß haben?
Dürfen wir Schlampen sein oder leugnen wir damit die Vorteile, die wir aufgrund unseres zugeschriebenen Geschlechtes haben?


Eigene Denkmuster

Auch ich selbst denke noch teilweise in alten Beziehungs-Mustern, die mir in vielen Jahren Sozialisation eingeprägt wurden.
Mir wurde beigebracht, dass bestimmte Bedürfnisse nur eine Person befriedigen darf und dass an diese Bedürfnisbefriedigung bestimmte vorgegebene Bedingungen geknüpft sind.
Ich denke, wenn ich mit einer ins Kino gehe oder sie zum Essen einlade, Zärtlichkeiten mit ihr tausche, mich gerade um sie kümmern möchte, mich ihr Leben interessiert, dann wäre ich dazu zwingend für eine längere Zeit verpflichtet und dürfte diese Dinge nur auf diese Person beschränken. "Denken" ist hier allerdings das falsche Wort, weil es nicht wirklich ein Denkprozess ist, sondern eine verinnerlichte Herrschaftsstruktur, eine Art Programm, das automatisch abläuft, wenn ich bestimmte "Informationen" erhalte. Es funktioniert nicht, wie wenn ich überlege, wieviel die dritte Wurzel aus 30 ist, sondern eher so, wie wenn die Fußgängerampel rot ist und ich deswegen nicht über die Straße gehe (auch wenn gar keine Autos da sind). Hier ein paar Beispiele: zwei Personen, die sich streicheln, bedeutet, die haben eine RZB, was mein Verhalten ihnen gegenüber bestimmt; ein Mensch fragt mich, ob er bei mir schlafen darf , weil er die Nähe gerade sehr nett fände und sich noch mit mir unterhalten möchte, was ich schon gern will, da dies aber zu einer RZB gehört, ich die mit ihm aber nicht will (bei den vielen Bedingungen), lehne ich ab; zwei Personen, die viel Zeit miteinander verbringen, immer sehr glücklich aussehen, scheinen für mich eine RZB zu sein, ich bin traurig, weil ich mit einer sehr gern was machen würde, mehr Zeit mit ihr verbringen, sie kennenlernen, was aber nicht geht, da sie ja eine RZB hat bzw. es mir so scheint.



Fremderwartungen an mich

Da die Gesellschaft (die Leute um eine/n herum) das Bild eines bestimmten Beziehungssystems vor sich haben, interpretieren sie die Handlungen, die eigentlich nicht in dieses System passen (sollen) doch so, als wären sie Teil dieses Systems.
Wenn sich zum Beispiel zwei Menschen in der Öffentlichkeit umarmen oder küssen oder Händchen halten, etc., wird ihnen oft eine RZB zugeschrieben, ohne sie zu fragen. Sie werden dann von ihrer Umwelt oft behandelt, als seien sie ein Pärchen und kämen nur im Zweierpack vor. Weitere öffentliche Zärtlichkeiten werden als erneuter Beweis für eine RZB genommen, auch wenn die Betroffenen dies dementieren. Als negative Folge wird die eine Person ständig mit der anderen in Verbindung gebracht, als könne sie ohne sie gar nicht existieren. Sie wird nach dem Befinden, dem Aufenthalt und den Plänen der vermeintlichen Partnerin /des vermeintlichen Partners befragt, mit IHR angesprochen auch wenn sie alleine ist ("Was macht denn IHR heute abend?), ...
Mit diesen Zuschreibungen ist nur schwer umzugehen. Oft steht mensch vor der Wahl, sich entweder auf diese Zuschreibungen einzulassen und die Fragen nach bestem Wissen zu beantworten oder sie vehement abzulehnen, was auch bedeutet, diese Fragen nicht zu beantworten, wenn mensch zufällig eine Antwort weiß. Beides ist nicht befriedigend.
Ersteres, weil damit das Konzept nicht hinterfragt wird und so stehen bleibt und vielleicht in das eigene Denkmuster übernommen wird.
Zweites, weil mensch unter Umständen lügt und außerdem auch nicht sicher ist, ob die Fragende / der Fragende sich bei der Antwort denkt: "Aha, sie haben also doch keine RZB!" Vielleicht hat er /sie das vorher ja auch gar nicht gedacht und nur zufällig DICH gefragt und Du blockst nur ab, weil Dich heute schon drei Leute nach dem Verbleib der gleichen Person gefragt haben.
Um sicher zu gehen, was hinter einer solchen Frage steht, muß mensch wahrscheinlich dann erst einmal nachfragen: "Warum fragst Du denn gerade mich?", "Woher soll ich denn das wissen?" Vielleicht kann dadurch ein Nachdenken / Überdenken erreicht werden.
Wenn mensch mit mehreren Menschen intensive Beziehungen pflegt, ist es angebracht, offensiv in der Öffentlichkeit damit um zu gehen, damit gar nicht erst der Gedanke aufkommen kann, mensch würde irgendjemand hintergehen / betrügen. Die angeblich betrogene / hintergangene Person wird sonst oft als Opfer behandelt, bemitleidet oder aus Unsicherheit gemieden. Außerdem wird das Zweier - Beziehungskonzept erschüttert, wenn offensichtlich wird, dass eine intensive Beziehung eine andere nicht gefährdet bzw. beeinträchtigt.
Wichtig ist dabei vor allem, dass innerhalb dieser Beziehungen klar gestellt ist, um welche Art von Beziehung es sich hier handelt bzw. um welche nicht. Klarheit über Erwartungen, Vorstellungen, persönliche Grenzen, etc. ist die beste Voraussetzung dafür, dem Druck von außen (und auch dem von innen) stand zu halten.


Fremdbeurteilung

Wer sich gegen die RZB stellt und dies auch noch lebt, hat mit Erklärungsmustern zu tun, die ihre / seine Abnormalität begründen sollen.
Oftmals sind diese Erklärungen je nach Geschlecht unterschiedlich.
Frauen, die eine RZB ablehnen werden im "positiven" Falle bemitleidet, da sie ja bestimmt schon mal schlechte Erfahrungen gemacht haben und nun psychisch so sehr verletzt sind, dass sie eine weitere Verletzung nicht ertragen können oder wollen.
Wenn eine Frau allerdings offensiv "ungebunden" lebt und mehrere sexuelle Kontakte pflegt oder hat, wird sie schnell zur sorglosen SCHLAMPE ohne "Moral" und "Anstand" und in "ungeordneten Verhältnissen" lebend.
Männer haben es in der Hinsicht schwer, wenn sie aus einem antipatriarchalen Verständnis Polygamie ablehnen. Ein Mann mit mehreren sexuellen Kontakten ist oft auch für sie ein Macho / Deckhengst o.ä.. Genau mit solchen Urteilen werden es auch Männer zu tun bekommen, die RZBs für sich ablehnen und selbstbestimmte Beziehungen leben.
Nur ist ein Macho doch jemand, der Frauen und ihre Bedürfnisse nicht ernst nimmt, sie nur für die Befriedigung seiner Bedürfnisse benutzt, und mit anderen Männern in Konkurrenz steht.
Ein selbstbestimmt lebender Mensch wird jedoch die Bedürfnisse anderer Menschen respektieren und ernst nehmen, Konkurrenz vermeiden und aufgezwungene Heterosexualität angreifen.

Schlusswort

Abschließend läßt sich eigentlich nur sagen, dass wir mit all diesen Ausführungen gern eine Diskussion anregen möchten, in welcher die RZB hinterfragt wird und ihre Funktionen benannt werden, Leute über IHRE Bedürfnisse nachdenken und reden und vielleicht eigene neue Formen des solidarischen Miteinanders entwickeln, zur Diskussion stellen und LEBEN.
Wir sind an solchen auch brennend interessiert, obwohl wir schon ziemlich überzeugt von den hier vorgestellten Ideen sind.
Wenn ihr uns kritisieren, was nachfragen, diskutieren oder Ähnliches wollt - meldet euch!

Das GegenBez-AutorInnenkollektiv

Kontaktadresse:
PAKT-Gruppe Erfurt
C/o Fachschaftsrat Soz an der
FH Erfurt
Altonaer Straße 25
99084 Erfurt
pakt@stud.fh-erfurt.de

(Diese ist keine Broschüre der PAKT-Gruppe, wir sind lediglich über diese zu erreichen!)







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[01] Für meine Begriffe ein falsch verstandener Dekonstruktivismus.
[02] "Unglücklich" wäre m.E. hier besser
[03] Ich nicht!
[04] dies ist unsere erste Broschüre, das erklärt das seltsame Vorgehen
[05] ganz so schlimm war es nicht
[06] Ich finde diese ganzen Dinge nicht wirklich positiv, denke, dass sie nur gesellschaftlich als positiv gelten.
[07] Außerdem sind die verinnerlichten Regeln, die Erwartungen an die andere Person, die Bedeutung, die mensch bestimmten Din-gen beimißt, bei beiden unterschiedlich. Das ist beiden oft nicht klar, was zusätzlich zu Streß zwischen ihnen führt.
[08] Wobei ich es nicht schlimm finde, als "Weichei" zu gelten. Vorstellungen von "Männlichkeit" (siehe Text) schränken mich nur ein
[09] Es fragt sich auch, was das in diesem Kontext (Zusammenhang) überhaupt für eine "Liebe" sein soll !!!
[10] (kritische Theorie)
[11] (denn Zärtlichkeit und körperliche Nähe werden oft mit Sex gleichgesetzt, wenn mensch das eine miteinander macht, dann auch das andere)
[12] Wir leben in einer Gesellschaft, in der ständig Menschen als "fremd" stigmatisiert werden, die Angst vor "dem Fremden" oder auch nur vermeintlich "Fremden" geschürt wird, wo Bedrohungen konstruiert werden (z.B. Organisierte Kriminalität, Terrorismus, Jugendkriminalität, Migration), "law-and-order"-Politik oder harte Parolen wie die von der "wehrhaften Demokratie" immer noch für einen Wahlsieg gut sind, wo im fortgeschrittenen Kapitalismus jeder gegen jeden kämpft, um Profit, Arbeitsplätze, Ressourcen (Rohstoffe, Grundlagen), die meisten Beziehungen über Wert vermittelt sind. Wie ist es da möglich, dass Menschen von jetzt auf gleich (wenn sie sich verlieben) Vertrauen zueinander bekommen? Ist das nicht ein Widerspruch und ein Anspruch, der gar nicht erfüllt werden kann?
[13] Auch durch Wörter, die die Qualität einer Beziehung bezeichnen sollen, werden Beziehungen vereinheitlicht. Menschen sagen zum Beispiel "Ich mag Dich/diesen und jenen." Dann gibt es noch die Aussage "Ich habe Dich/diese und jene lieb." Oder sie spre-chen sogar von "Liebe" und sagen "Ich liebe Dich." Nur, was heißt das? Vielen Menschen sind in ihrem Leben viele Male diese Wendungen begegnet. Sie wurden ihnen vielleicht von den Eltern gelernt. Wenn das kleine Kind der Oma keinen Kuß geben woll-te, wurde in vorwurfsvollem Ton gefragt "Hast du mich denn nicht lieb?", so dass dem Kind gegen dessen Willen doch noch ein Küsschen abgerungen wurde. Gehört haben wir sie auch aus dem Fernsehen und gleichzeitig zeigten uns die Bilder, was denn Menschen so machen, die sich "mögen", "lieb haben", "lieben". Auch in vielen Büchern spielt das Thema eine Rolle, wird uns die Bedeutung der Worte erklärt. Wenn wir nun denken, wir "mögen", "lieben" einen Menschen, dann heißt das meist, dass wir be-stimmte Erwartungen an diesen haben, freundlicher ausgedrückt, bestimmte Dinge gern mit ihm tun würden. Wenn also eine zur anderen (oder über eine andere) sagt, sie würde sie "mögen", heißt das meist, sie erwartet das von ihr, was sie gelernt hat, was diese Wendung bedeutet. Vielleicht antwortet die andere ja "Ich dich auch."? Eigentlich ist es ja schön, wenn Menschen sich über ihre Beziehung zueinander einig sind, aber dadurch, dass wir verschiedene Vorstellungen von "einen lieb haben" haben, kann es sein, dass die Kommunikation gestört ist. Wenn beispielsweise für den einen damit regelmäßige Anrufe verbunden sind, Spaziergänge oder - im Moment noch kritischer, da oft Mittel zur Unterdrückung - irgendeine Form dessen, was als Sex verstanden wird, für die andere Person aber keinesfalls. Dann denken die beiden, sie würden sich verstehen ("Ich hab dich lieb." Ich dich auch."), haben aber tatsächlich unterschiedliche Vorstellungen von ihrer Beziehung. Dies macht sich dann auch im Umgang der beiden miteinander bemerkbar, wenn am Anfang vielleicht wenig, dann aber immer häufiger Konflikte auftreten, weil eben bestimmte Dinge erwartet werden, die aber nicht miteinander übereinstimmen, nicht erfüllt werden, obwohl das beide glauben. Die Begriffe "mögen" oder auch "lieb haben" sind nicht konkret. Sie taugen nicht, um ein Gefühl auszudrücken oder zu beschreiben, was eine Person für eine Bedeutung für mich hat oder damit auszudrücken, dass ich gern bestimmte Sachen mit dem anderen tun würde. Es ist so als ob wir über Möbel reden würden und glaubten, das selbe zu meinen. Dabei wissen wir von Möbeln doch nur, dass sie in der Wohnung ganz schön sind, aber nicht wie sie aussehen, welche Form und Farbe wir bevorzugen, ob sie weich sind oder hart, was wir damit anstellen wollen, welche wir überhaupt brauchen ... - Cui bono? Wem nützt es?
[14] Lifestyle-Zeitung, Parfüm
[15] (Nicht nur) hier wird ein Zusammenhang zwischen der Existenz von RZBs und einer kapitalistischen Ökonomie deutlich.
[16] Die Zitate in diesem Abschnitt kommen alle aus dem Buch "Eifersucht", welches 1979 von Ernest Bornemann, Heinz Körner, Edith Lankor, Arno Plack und Adalbert Schmidt im luci körner verlag heraus gegeben wurde.
[17] Natürlich können die Rollen auch andersherum verteilt sein, es können auch beide buckeln. Aber irgendwer muß für die Repro-duktion sorgen. Die geschlechtsspezifische Diskriminierung (Ungleichbehandlung) auf dem Arbeitsmarkt und der Sachverhalt, dass es immer schon so war ("die normative Macht des Faktischen"), gibt hier die Norm vor.
[18] Ich sehe diesen Punkt als sehr wichtig an. Menschen haben das Bedürfnis nach Nähe. Es ist aber nicht gesellschaftliches Prinzip, dass diese Nähe unter allen Menschen möglich ist, sondern nur unter bestimmten Bedingungen, in einer RZB. Also nur zu einer Person, die am besten noch das entgegengesetzte "Geschlecht" hat, in einem vorgegebenen Rahmen. (So ist auch erklärbar, warum Menschen eifersüchtig sind, weil der andere Mensch in der RZB die einzige Möglichkeit ist, Nähe, "seelische Nahrung" zu erfah-ren.) Dieses Prinzip haben viele Menschen verinnerlicht, sie haben gelernt, dass "man das so macht". Was bedeutet dies für die Menschen in der RZB? Beiden ist klar, dass sie aufeinander angewiesen sind, wenn sie Nähe erfahren wollen. Beide können im günstigsten Fall einander sehr gut leiden, wollen für die andere da sein, wenn diese sie braucht, etc. Dies ist eine Situation, in der beide erpresst werden können, Gewalt erfahren. So lange die Bedürfnisse übereinstimmen, ist alles OK. Aber was ist in diesem Fall: A und B leben in einer RZB. A möchte etwas von B, weil dieses nur mit ihr möglich ist, z.B. in Arm genommen werden, Ge-borgenheit - was zu den Dingen gehört, die nur mit dieser Person möglich sind, kommt auch darauf an, wie liberal die Beteiligten die RZB auslegen. B hat aber etwas anderes vor oder ihr ist gerade nicht danach zumute. Welche Möglichkeiten hat B? Entweder sie gibt A diese Geborgenheit und vernachlässigt die andere Sache oder sie macht die andere wichtige Sache, was bedeutet, dass A keine Geborgenheit bekommt. Welche Möglichkeiten hat A? Entweder fordert sie ein, dass A jetzt für sie da ist, dann weiß sie a-ber, dass A etwas nicht tun kann, was dieser wichtig ist, oder sie sagt A, dass diese ruhig das andere tun soll, dann fühlt sie sich weiterhin allein, elend, ist weiterhin "hungrig" etc. Dies ist HERRschaft, beide Menschen haben keine Kontrolle über die Situati-on, können ihr Verhältnis nicht untereinander aushandeln, bestimmen. Egal was passiert, es wird die Beziehung der beiden nicht verbessern, weil beide in diesem Zusammenhang Gewalt gespürt haben, ihre eigene Ohnmacht dem gegenüber, es sei denn, sie wissen um die gesellschaftlichen Umstände, die daran schuld sind, können darüber diskutieren und es damit verarbeiten, vielleicht nach einer Veränderung der Situation suchen.
[19] Sexualität ist natürlich nicht an sich GUT !!!, finde ich jedenfalls.
[20] Und zudem evtl. nur aufgrund eines Beziehungsvertrages
[21] Eurozentristisch gesehen, nehme ich an.
[22] Ich meine ja eher, dass Verliebtsein zwar kein konstituierendes Element der Ehe war, das heißt, bei der Wahl des Ehepartners / der Ehepartnerin keine Rolle spielte (mensch durfte ja sowieso nicht selbst wählen), jedoch unabhängig davon schon bekannt war. Anscheinend hat es damals aber längst nicht solch eine Rolle im Leben der Menschen gespielt wie später.
[23] Nachzulesen bei Engels, Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates
[24] Werken/Handarbeit in der Grundschule, Informatik/Sozialwesen an der Hochschule, Schreiner/Arzthelferin in der Lehre
[25] Nachzulesen bei Barrett, Das unterstellte Geschlecht, Berlin 1990, S.110
[26] Das ist doch Ironie oder!? | ja
[27] Von mir aus auch das Drüberstülpen der Vagina oder des Afters über den Penis oder "sexuelle Reizung" der Körperflächen, die sich dafür eignen. Nur damit Ihr nicht denkt, das sei dabei ausgeschlossen!
[28] "... Drum reißen wir die Mauern ein, die uns trennen. Kommt zusammen Leute, lernt Euch kennen..." | diese romantische Ver-klärung "unserer" Musik geht mir auf den Geist
[29] Wie schon Frank Zappa sagte: "There will come a time when you can even take your clothes off when you dance!" (das ist Iro-nie)
[30] Diese Hoffnung halte ich für absolut absurd. Rassismus und Kapitalismus sind z.B. Herrschaftsverhältnisse, die m.E. vorwie-gend im Öffentlichen zu verorten sind.
[31] Auch hier meines Erachtens wieder falsch verstandener Dekonstruktivismus. Wenn ich aufhöre etwas zu benennen, verschwin-det es nicht einfach.
[32] Ich danke der Schlampagne nicht, das find ich komisch und widerständig sein ist zwar leider notwendig, aber ein für mich nicht wirklich lebenswerter Entwurf, weil das anstrengt. Ich bin für eine Gesellschaft, wo kein Widerstand mehr nötig ist. Aber viel-leicht habe ich den Satz auch bloß falsch verstanden. |Antw:| In meiner Utopie ist Widerstand selbstverständlich und alltäglich, weil die Menschen wohl kaum einfach so alle ihre Bedürfnisse derart ändern werden, dass alle automatisch zufrieden sind.
[33] Langhans war eine der Leitfiguren der 68er und lebte in der Kommune 1, die für freie Sexualität eintrat. Die ungeheure Wich-tigkeit, die er Sex einräumte gipfelte in dem öffentlich geäußerten Satz: "Was kümmert mich Vietnam, ich hab Orgasmusschwie-rigkeiten!" Heute verzapft er esoterischen und rechts angehauchten Unsinn und prahlt in Talkshows mit "meinem Harem" (Zitat)

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