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Am 5./6. Juni 1999 findet in Köln das Gipfeltreffen der Regierungschefs
der Europäischen Union statt.
Aus den folgenden Gründen rufen wir dazu auf, den Gipfel zu
stören und Position zu beziehen gegen das Europa der Mächtigen:
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1. Festung Europa
Seit dem Schengener Abkommen sind die Schranken für Waren und Kapital
zwischen den kerneuropäischen Ländern gefallen. Ganz anders sieht
die Lage für Menschen aus: Die scheinbare Öffnung der inneren
Grenzen geschieht im Zusammenhang mit der massiven Abschottung der Aussengrenzen.
Besonders Menschen aus ärmeren Staaten haben aufgrund der restriktiven
Visa-Vergabepraxis keine Chance, in die EU einzureisen.
Die Grenze zwischen armen und reichen Staaten ist mit der bundesdeutschen
Grenze 500 km nach Osten gerückt und ihre Mauer wird höher denn
je.
Die europäische Harmonisierung des Asylrechtes steht zur Diskussion
und wird sich unserer Meinung nach an den niedrigsten Anerkennungskriterien
orientieren.
Das heisst:
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Um die Staaten des Schengener Abkommens ein Ring von sicheren Drittstaaten..
Wer über diese einreisst, hat keine Chance als politisch Verfolgte/r
anerkannt zu werden.
- Kein Schutz vor nicht-staatlicher oder sexistischer Verfolgung
- Eine grosse Liste von Nicht-Verfolger-Staaten, in denen laut EU-Aussenministern
keine Verfolgung stattfindet und deshalb kein Asylgrund vorliegen kann.
(ohne Einzelfallprüfung).
Wenn die Zuwanderung für wirtschaftliche Interessen notwendig ist,
sieht die Lage selbstverständlich anders aus. Z.B ist es für
den koreanischen Abteilungsleiter kein Problem bei Siemens einzusteigen,
ebensowenig wird die usbekische Eiskunstläuferin oder der mexikanische
Fussballer an der Einreise gehindert.
Die Zielrichtung ist klar: Menschen haben sich den kapitalistischen
Verwertungsinteressen unterzuordnen. Wer hier nichts zur Profitmaximierung
beitragen kann oder will, wird abgeschoben. Dahin, wo ihn unsere Konzerne
als billige Arbeitskraft oder hilflose Konsumentin gebrauchen können.
Deswegen wird auch jedes Einwanderungsgesetz nur der Selektion der
am besten verwertbaren EinwandererInnen dienen.
Die Behauptung, es gäbe ein europäisches Kulturerbes, schafft
ein Nationalgefühl, welches der Legitimation der Festung Europa dient.
Dadurch wird eine Gemeinschaft konstruiuert, die der Abwertung und Ausgrenzung
von Menschen dient, die nicht dazugehören.
2. Sicherheitsstaat
Die europäische Innen- und Sicherheitspolitik richtet sich vorwiegend
gegen MigrantInnen und Flüchtlinge.
Zur Legitimation des aufgeblähten Sicherheitsapparates müssen
Drogen und die organisierte Kriminalität herhalten. Doch ein Blick
auf die europaweite Personendatenbank "Schengener Informations-System"
(SIS) macht klar, wo das Ziel liegt: Über 90% der erfassten Personen
sind abgelehnte AsylbewerberInnen, die entweder zur Abschiebung oder zur
Einreiseverweigerung eingeschrieben sind. Bei diesem Informationssystem
gibt es keinen verbindlichen Datenschutz, sondern nur Empfehlungen, welche
Daten erfasst und weitergegeben werden sollen.
Der planmässige Ausbau Europas zu einem Polizeistaat zeigt sich
auch bei der europäischen Polizeibehörde "Europol", die keiner
parlamentarischen Kontrolle untersteht. Europol steht sogar so weit über
dem Gesetz, dass die BeamtInnen diplomatische Immunität geniessen.
3. Gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik (GASP)
Die übermächtige Position der westlichen Industriestaaten ist
Folge von über 500 Jahren gewaltsamer Unterdrückung von ca. 2/3
der Menschheit und kann nur mit solchen Mitteln aufrechterhalten werden.
Die GASP der Europäischen Union setzt diese Tradition fort. Sie
vertritt die Interessen von Kapital und Konzernen und dient der Sicherung
von Rohstoffquellen und Märkten im Ausland. Natur und Menschen werden
lediglich als Ressourcen bewertet und, wenn nötig auch mit Waffengewalt,
in den europäischen Einfluss gezwungen.
Die Zusammenarbeit mit aussereuropäischen Staaten richtet sich
ausschliesslich nach wirtschaftlichen Interessen. Die Unmenschlichkeit
von Regimen spielt dabei keine Rolle, wenn sie dazu geeignet sind, den
Gewinn der Konzerne zu maximieren.
Im Gegensatz dazu fordern wir:
Offene Grenzen für alle
Die europäische Union kann sich nicht den Wanderungsbewegungen
verschliessen, die sie selbst durch ihre imperialistische Wirtschaftspolitik
und verfehlte Aussenpolitik verschuldet.
Stop aller Waffenexporte
Wer Waffen exportiert, darf sich nicht wundern, wenn die damit
Verfolgten zu ihm kommen.
Kein europäischer Nationalismus
Gleichberechtigung aller Individuen.
Reparationszahlungen für
500 Jahre
Ausbeutung und Kolonialismus
Unsere Mindestanforderung ist die sofortige Schuldenstreichung
für die Länder des Trikont. Um 500 Jahre Ausbeutung und Kolonialismus
gutzumachen sind zusätzlich Reparationszahlungen zu leisten. Letztendlich
forden wir ein Ende der menschenverachtenden Verwertungslogik des Kapitals
und eine solidarische Weltwirtschaftsordnung.
Weg mit der Macht der Reichen
Anstatt ArbeitnehmerInnen in der EU und weltweit mit der Phrase
"Globalisierung" und der Drohung des Abwanderns der Konzerne gegeneinander
auszuspielen, fordern wir eine ausreichende Grundversorgung für alle
Menschen, ohne Stigmatisierung derer, die sich nicht der Lohnarbeit unterwerfen
wollen.
Auch hier gilt als Maximalforderung die Befreiung der Menschen
von der Herrschaft von Kapital und Patriarchat.
Solidarität ist eine Waffe - Stoppt die
AusbeuterInnen
Deshalb: Auf nach Köln! Beteiligt euch an den Gegenaktivitäten
anlässlich des EU-Gipfels.
Gemeinsam holen wir die Sterne vom Himmel!