Das am 16. Juni vorgestellte Expo-Projekt "Das Eichsfeld - Die grenzenlose Region" hat das Ziel, die Auswirkungen der deutsch-deutschen Grenze auf Mensch, Natur und Umwelt zu erforschen und die Teilung Deutschlands zu überwinden. Im Grenzlandmuseum soll „die Geschichte der Grenze dokumentiert" werden. Nicht nur das Ostdeutsche Grenzregime wird in der Ausstellung der Kritik unterzogen. Die Möglichkeit, eines anderen Gesellschaftsmodells wie die DDR werden implizit ausgeschlossen. Auch das Grenzlandmuseum steht im Rahmen antikommunistischer Strategie.
Der Abbau der Binnengrenzen Europas geht mit einer Abschottung gegenüber Nicht-EU-Ländern einher. Diese strategische Maßnahme wurde 1985 in Schengen von Belgien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg und Niederlande beschlossen. Resultat ist das Schengener Abkommen, das am 26. März 1995 in den Gründerstaaten sowie Portugal und Spanien in Kraft trat. Italien und Österreich haben 1998 begonnen, die Landbinnengrenzen abzubauen.
Die „Ausgleichsmaßnahmen" für den Kontrollabbau sind seit 1990 im Schengener Durchführungsübereinkommen festgeschrieben. Diese Entwicklung, die wir exemplarisch an der deutsch-polnischen Grenze verdeutlichen, ist mit keinem Wort Gegenstand der Ausstellung.
Die mit dem Projekt proklamierte Offenheit gegenüber Menschen und die Freiheit der Menschen bezieht sich lediglich auf europäische Staaten.
Auch gerade der Eichsfeldkreis ist durch den Umgang mit AsylbewerberInnen in die Kritik des Flüchtlingsrates Thüringen e.V. gekommen. Neben der Residenzpflicht, die AsylbewerberInnen im Eichsfeldkreis und anderen Landkreisen nicht gestattet, den zugewiesenen Landkreis legal zu verlassen und sich selbstbestimmt zu bewegen, ist insbesondere Cornelius Yufanyi aus Kamerun von schikanierenden Maßnahmen der Ausländerbehörde, die sich im Landratsamt Eichsfeld befindet, betroffen. Diese erteilt ihm lediglich ein Mal im Monat die Erlaubnis, an einer politischen Veranstaltung außerhalb des Landkreises teilzunehmen.
Territoriale Grenzen bilden Nationalstaaten. Konstruiert wird eine nationale Wir-Gruppe gegenüber „Fremden". Mit Hilfe dieser Konstruktion werden Gemeinschaften über die Sprache, die vermeintlich gleiche Kultur und den nationalen Wirtschaftsstandort definiert. Diese Faktoren können nicht als natürlich gegeben gelten, sondern sind in gesellschaftlichen Prozessen, zum Teil gewaltsam, hergestellt worden und damit auch veränderbar.
Indem den innerhalb von Grenzlinien Lebenden gleiche Eigenschaften und Interessen unterstellt sind, soll eine homogene Gruppe mit einem Gemeinschaftsgefühl hergestellt werden.
UnternehmerIn und Arbeitende[r] haben unterschiedliche Interessen. Der Forderung der letzteren nach einem sicheren Arbeitsplatz und Tariflöhnen steht das Interesse der UnternehmerInnen, so billig wie möglich zu produzieren, gegenüber.
Grenzen dienen der Selektion von Menschen. Einerseits wird gegen Flüchtlinge, die vor Armut, Verfolgung und Krieg fliehen, mittels technisch hoch ausgerüsteter Kontrollen an den Grenzen, restriktiven Asylgesetzen, rechtlicher Benachteiligung und sozialer Ausgrenzung abgeschottet. Andererseits wird die Einreise und der Aufenthalt für Menschen legalisiert, die den wirtschaftlichen Interessen Deutschlands nutzen wie beispielsweise mit der Anwerbestoppverordnung des Ausländergesetzes und der aktuellen Debatte zur „Green Card". Oder MigrantInnen sind erwünscht, um die Probleme des demographischen Wandels in Deutschland auszugleichen.
Die Globalisierung mit der Ausweitung kapitalistischer Produktion und dem Abbau des Sozialstaates, produziert zunehmend gesellschaftliche Zersplitterung sowie ökonomisch und sozial ausgegrenzte Gruppen. Nicht zuletzt resultieren daraus Fluchtgründe.
Mit neoliberaler Politik und dem Abbau des Sozialstaates verbunden, sind Wirkungen wie die Einschränkung des Rechts auf gesellschaftliche Teilhabe und auf die Absicherung materieller Existenzbedürfnisse. Die fehlenden Sicherheiten werden ausgeglichen durch die Fixierung auf starke Grenzabsicherung, die vor „Fremden" schützen soll sowie gesellschaftlichen Ausschluß anderer Gruppen wie von AsylbewerberInnen, behinderten Menschen oder so genannten Kriminellen, durch die die deutsche Gesellschaft gefährdet sei.
Konzepten der „Inneren Sicherheit" und der Militarisierung und Technisierung der EU-Außengrenzen sind Praxis einer Abschottungspolitik gegen Flüchtlinge und einer Überwachungsgesellschaft im Binnenbereich.
Die Forderung nach selbstbestimmtem Aufenthalt und das Bleiberecht an jedem Ort ist für uns grundsätzliche Bedingung für Menschen und ihre Lebensgestaltung sowie für einen solidarischen Umgang.